Fahrzeug des Monats Juni 2013 - Rettungszug (RTZ)

Feuerwehrfahrzeug des Monats

Juni 2013

Rettungszug der Deutschen Bahn AG (RTZ)
(Standort: Bahnhof Hildesheim/Nds.)

Funkrufname:
Rettungszug Hildesheim

Haupteinsatzgebiet:
Schnellfahrstrecke Hannover - Würzburg, Abschnitt: Hannover – Kassel

Besatzung:
2 Lokführer (der DB Netz)
Feuerwehr
1 RTZ-Zugführer der BF Hildesheim (Einsatzleiter)
1 Gruppe der BF Hildesheim
1 Gruppe der FFw Himmelsthür / FFw Sorsum
Rettungsdienst
3 Ärzte
Technischer Leiter Rettungsdienst
SEG Johanniter Unfallhilfe Hildesheim

Unterhaltungskosten:
Rund 1,5 Mio Euro pro Jahr

Wissenswertes:
Am 26. Oktober 1985 übertraf der ICE (IC-Experimental) erstmals in der Geschichte deutscher Bahnen die Marke von 300 Stundenkilometer. Mit der Fertigstellung eines Abschnitts der Neubaustrecke von Hannover nach Würzburg im Jahr 1988 begann schließlich hierzulande das Schienen-Schnellfahrzeitalter. Schon damals erkannten die Verantwortlichen der Bahn die Notwendigkeit von Hilfszügen, die im Havariefall auf den tunnelreichen Neubaustrecken zum Einsatz kommen sollten. Die ersten beiden Rettungszüge (RTZ), sie wurden zunächst noch Tunnelhilfszüge genannt, wurden in Fulda (Hessen) und Würzburg (Bayern) stationiert. Heute gibt es vier weitere  dieser Spezialzüge, die in Hildesheim (Nds.), Kassel (Hessen), Mannheim (Baden-Württemberg) und Kornwestheim (Baden-Württemberg) einsatzbereit stehen.
Im Notfall soll jeder Zug innerhalb von fünf Minuten nach Alarmierung abfahrbereit sein. Dazu wird die gesamte Antriebstechnik ständig auf Betriebstemperatur gehalten. Besonders geschulte Triebfahrzeugführer der Bahn (DB Netz) sind rund um die Uhr in Bereitschaft. Innerhalb von zehn Minuten soll jeder Rettungszug seine Stammbesatzung an festgelegten Übernahmeplätzen aufgenommen haben. Sie besteht neben den beiden Triebfahrzeugführern (standardmäßig) aus 20 Feuerwehrleuten, zwei Notärzten und acht Rettungsassistenten. Der Einsatzleiter der Feuerwehr hat an Bord das Kommando: Er meldet die Abfahrbereitschaft.
Als Antriebseinheiten dienen zwei Rangier-Diesellokomotiven der Baureihe 714. Sie wurden für den Rettungszugbetrieb speziell umgerüstet und bieten dank ihrer besonderen Langsamfahreigenschaften die Möglichkeit, in Schrittgeschwindigkeit an eine Havariestelle (beispielsweise in einem Tunnel) heranzufahren. Als nachteilig gilt die geringe Höchstgeschwindigkeit: Der Rettungszug kann während der Anfahrt zu einem möglichen Unglücksort maximal 100 Stundenkilometer erreichen.  Für bis zu 500 betroffene Personen ist jeder Spezialzug konzipiert. Sie sollen im Ernstfall befreit, gerettet und in einem speziellen Sanitätswagen versorgt werden können.  Notfalls wird der Zugverbund an der Einsatzstelle geteilt: Die Lok 2 (am Ende) könnte dann mit einem Transportwagen im Pendelverkehr evakuierte Personen in Sicherheit bringen. Für die Brandbekämpfung ist außerdem ein Löschmittelwagen (mit 20.000 Liter Wasser!) angehängt. Die Rettungszüge sollen über einen längeren Zeitraum hinweg auch unter extremen Bedingungen einsatzfähig bleiben. Sie verfügen über eine unabhängige Energie- und Atemluftversorgung.  
Bis zum Jahr 2018 sollen die Rettungszüge der Bahn für rund 80 Millionen Euro grundlegend erneuert werden, da sie seit mittlerweile 20 Jahren in Diensten stehen. Die DB Netz hat dafür die Unternehmen Dräger und Tatravagonka beauftragt. Künftig wird es 36 neue Rettungszuwagen geben, die sich auf sieben Zugeinheiten aufteilen (davon ein Reservezug). Vor wenigen Monaten war der Hildesheimer Rettungszug in Berlin-Grunewald noch einer Revision unterzogen worden. Er ist somit bis zur Lieferung der „Neubauzüge“ weiterhin einsatzbereit.
Kritiker des Rettungszugkonzeptes der Deutschen Bahn bemängeln den großen zeitlichen Abstand zwischen der Alarmierung und der Ankunft der Züge am Einsatzort. Erfahrungen der Vergangenheit hätten gezeigt, dass dabei Zeiten von bis zu 90 Minuten realistisch seien.  Die Rettungszüge könnten damit Defizite an baulichen und anlagetechnischen Brandschutzmaßnahmen nicht ausgleichen.

Ein RTZ (Gesamtlänge rd. 150 m) besteht aus folgenden Komponenten:

Diesellok Baureihe 714 (Lok 1)
Länge: rd. 12 m
Gewicht: 63 t
Leistung: 993 kW
Geschwindigkeit (max.): 100 km/h
Das Triebfahrzeug 1 ist mit Video- und Wärmebildkameras, Fern- und Breitenscheinwerfern, Tunnelfunk und gelben Rundumkennleuchten ausgerüstet. Das Führerhaus ist allerdings nicht gasdicht. Bei Rauchentwicklung erfolgt die Zugsteuerung daher vom Transportwagen 1 aus.  

Transportwagen 1
Er ist vollständig gasdicht und verfügt über eine unabhängige Atemluftversorgung mit 30 Druckluftflaschen (je 6 Liter Volumen) sowie einer Wiederaufbereitungsanlage. Die mitgeführte Atemluft soll für drei Stunden ausreichend sein, während die Energiereserve für 20 Stunden bemessen ist. Die bis zu 60 Einsatzkräfte können den Spezialwagon nur über eine Schleuse betreten oder verlassen. Er ist als Einsatzzentrale mit modernster Kommunikationstechnik ausgerüstet.

Gerätewagen
Er ist mit umfangreichen Gerätschaften für die Technische Hilfe und die Brandbekämpfung beladen. Dazu gehören beispielsweise hydraulische Rettungsgeräte, Trennschleifer, Elektroaggregate, aber auch Relaisstationen für die Funkkommunikation. Die Ausstattung entspricht in etwa der von zwei Hilfeleistungslöschfahrzeugen 20 (HLF 20) bzw eines Löschgruppenfahrzeugs 16 (LF 16) und eines Rüstwagens 2 (RW 2).   

Löschmittelwagen
Auf ihm werden 20.000 Liter Wasser und 1.000 – 2.000 Liter Schaummittel mitgeführt. Die zwei Pumpen leisten jeweils 1.600 Liter pro Minute. Weiterhin sind hier 100 Krankentragen und zwei Schienenwagen (Gleisloren) verlastet.
 
Sanitätswagen
Er verfügt über zwei Intensivbehandlungsplätze, Liegeplätze für Schwerverletzte und weitere Sitzmöglichkeiten für Leichtverletzte. Es gibt Beatmungsgeräte und eine eigene Notstromversorgung. Der Wagon verfügt ebenso wie der Transportwagen 1 über eine unabhängige Luftversorgung.

Transportwagen 2
Er ist ähnlich wie der Transportwagen 1 ausgerüstet, verfügt allerdings nicht über einen Zugführerstand.

Diesellok Baureihe 714 (Lok 2)
Sie ist baugleich zur Lok 1. Zusammen mit dem Transportwagen 2 ist die Rettung von Menschen im Pendelverkehr vorgesehen.

-Vo-
Fotos (2): J. Vogelsang

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Die RTZ der DB Netz bestehen aus sieben Komponenten: 2 Triebfahrzeuge, 2 Transportwagen, Sanitätswagen, Löschmittelwagen u.
Gerätewagen. Der in Hildesheim stationierte Zug (Foto) wurde
gerade erst einer umfassenden Revision unterzogen.

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Die Zugeinheit im Bahnhof Hildesheim ist ständig einsatzbereit. Insgesamt gibt es sieben solcher RTZ im Bundesgebiet.

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Der Sanitätswagen ist für die Behandlung von Schwerverletzten ausgerüstet. (Foto: HBR)

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Im Löschmittelwagen werden 20.000 Liter Wasser mitgeführt. (Fotos: HBR)