Föderale Struktur im Katastrophenschutz ist richtig und gut!

VdF-Mitgliederversammlung in Hilden

DSC 0186Hilden. NRW-Innenminister Herbert Reul hat während der VdF-Mitgliederversammlung in Hilden (Kreis Mettmann) die Leistungen von Feuerwehr und Rettungsdienst gelobt. Die Handlungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Retter sei trotz Corona-Pandemie landesweit zu jeder Zeit und an jedem Ort gewährleistet gewesen. „Trotz aller Einschränkungen musste niemand bei einem Herzinfarkt oder Wohnungsbrand über Gebühr auf Hilfe warten.“ Forderungen nach mehr Kompetenzen für den Bund im Katastrophenschutz erteilte der Minister im Übrigen eine klare Absage. VdF-Vorsitzender Dr. Jan Heinisch machte deutlich, dass die Digitalisierung unser aller Leben immer weiter verändern wird. Mit dem Projekt „Digital-Zündung“ will der Verband die Weichen für die Zukunft stellen und in eine neue (digitale) Zeit aufbrechen. „Wenn wir als Feuerwehr nicht ganz vorne mit dabei sind, dann werden wir ein Problem bekommen!“

140 Delegierte aus allen Teilen Nordrhein-Westfalens waren am Samstagmorgen (26.06.2021) zu der turnusmäßigen Mitgliederversammlung des VdF in der Stadthalle Hilden zusammengekommen. Die Feuerwehren seien für die NRW-Landesregierung ein ganz wichtiger Partner, sagte Minister Reul in seiner Rede. Er hob die personelle und organisatorische Unterstützung der Einsatzkräfte während der Pandemie hervor. „Ohne Sie hätten wir die Corona-Lage nicht gemeistert. Deshalb mein persönlicher Dank an jeden Einzelnen von Ihnen!“ Der Minister kam noch einmal auf die Impfpriorisierung zu sprechen. Irgendwann habe irgendwer damit begonnen, eine neue Reihenfolge festzulegen. „Damit hat der ganze Ärger angefangen. Und am Ende gab es die Debatte: Wann ist eigentlich die Feuerwehr dran?“ Reul musste zugeben: „Das ist nicht optimal gelaufen!“
Während der Pandemie sind Stimmen aus der Politik laut geworden, die eine Neustrukturierung des Katastrophenschutzes fordern, wobei der Bund und Europa mehr Kompetenzen bekommen sollen. „Ich halte das für totalen Unsinn!“ Der Bund brauche nicht mehr Zuständigkeiten und Europa erst recht nicht, so Reul weiter. Vielmehr sei die föderale Struktur im Katastrophenschutz richtig und gut. „Die Länder spielen hier eine wesentliche Rolle, und das muss auch so bleiben.“ In der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern könne sicherlich noch einiges verbessert werden. „Wir lösen das aber nicht, indem wir sagen, der Bund ist zuständig, und wir machen nur noch die Ausführung“, meinte Reul, der für seine klaren Worte Applaus aus den Reihen der Delegierten bekam.

DSC 0191Dem Bund oder gar Europa mehr Kompetenzen im Katastrophenschutz einzuräumen, hält
NRW-Innenminister Herbert Reul „für totalen Unsinn“.

Der Minister bezog danach zur Lehrgangssituation am Institut der Feuerwehr Stellung. Eine Bedarfsanalyse hatte 2018/2019 ergeben, dass in Münster nicht alle erforderlichen Belange abgedeckt werden können. Ein weiterer Standort im Süden des Landes soll nun für Abhilfe sorgen. Mit dem Kreis Düren habe man einen verlässlichen und innovativen Partner gefunden, so Reul. „Ich freue mich, dass ich übermorgen diesen neuen Standort des Instituts eröffnen kann!“ Anfang Juli finden dort die ersten Gruppenführerlehrgänge statt. Im Frühjahr startete die Imagekampagne des NRW-Katastrophenschutzes unter dem Motto „Wenn nicht wir, wer dann?“. Ziel ist es, die rund 100.000 Ehrenamtlichen in ihrer Arbeit zu bestärken und neue Mitglieder für ein Ehrenamt im Katastrophenschutz zu begeistern. Aus den Reihen der Feuerwehr sind mittlerweile 50 Ehrenamtliche als Kampagnenbotschafter unterwegs. Reul lobte deren Einsatz während der Mitgliederversammlung in Hilden; denn Ehrenamt funktioniere nur von Angesicht zu Angesicht.

Nachwuchsarbeit soll qualitativ und quantitativ ausgebaut werden

Eigentlich sollte das zehnjährige Bestehen des VdF NRW auf der Interschutzmesse 2020 angemessen gefeiert werden. Stattdessen hat der Verband im Nachlauf den Bilderbogen 10 + 1 Jahre herausgebracht, der seine noch junge Geschichte mit vielen Fotos dokumentiert. „Der Bilderbogen ist ein schöner Beweis dafür, dass wir eine Menge gemeinsam geschafft haben“, sagte VdF-Vorsitzender Dr. Jan Heinisch. Die Feuerwehr sei in der Pandemie sicherlich gefordert gewesen. „Doch was uns eigentlich antreibt, davon darf in Zukunft wieder mehr in unseren Feuerwehralltag einkehren“, meinte Heinisch mit Blick auf die Zeit nach der Pandemie. Er erinnerte an das Programm „Neustart miteinander“, dass der Landtag erst letzte Woche beschlossen hatte. Ziel ist es, dem Ehrenamt über die Corona-Pandemie hinaus zu helfen. Vereine und Organisationen können ab Mitte Juli eine Zuwendung von bis zu 5.000 Euro beantragen. „Das soll ein Dankeschön von Seiten des Landtags sein!“ Die Kinder- und Jugendfeuerwehrarbeit im Lande bezeichnete Heinisch als extrem erfolgreich. Gemeinsam mit dem NRW-Familienministerium sei ein Projekt in Arbeit, um die Nachwuchsarbeit sowohl qualitativ als auch quantitativ weiter auszubauen. Auch da haben wir während der Corona-Krise die Hände nicht in den Schoß gelegt. „Jede Feuerwehr soll an jedem Standort eine Jugendfeuerwehr haben!“

DSC 0216VdF-Vorsitzender Dr. Jan Heinisch geht in die Digitalisierungs-Offensive: Er kündigte eine Smartphone-App an, mit der die NRW-Feuerwehrleute vernetzt werden sollen.

Der VdF möchte die Digitalisierung der Feuerwehren vor Ort weiter vorantreiben. Das Land hat dafür finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Im Bereich der Organisation, wie der Lehrgangsplanung, soll nach den Vorstellungen des Verbandes Microsoft Teams oder eine ähnliche „Plattform“ eingeführt werden, um Inhalte einzustellen, sodass sich der bisweilen ausufernde E-Mail-Verkehr erübrigt. „Wir wollen als VdF aber auch eine Vernetzung über die einzelnen Feuerwehren hinaus erreichen“, erklärte Heinisch in Hilden. Möglich machen soll das eine Smartphone-App, an der bereits intensiv gearbeitet wird. Der Vorsitzende kündigte an, dass es auch künftig VdF-Schulungsangebote zu nicht alltäglichen Themen geben werde, die von den Feuerwehreinheiten gestreamt werden können. „Wir setzen damit als Verband – im positiven Sinne – den Fuß in jede Feuerwache!“

Abschließende Meinungsbildung über möglichen DFV-Austritt verschoben

Der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) ist durch eine Sexismus- und Rassismus-Affäre in eine schwere Krise geraten, die seit Herbst 2019 anhält. Im März 2021 habe ein sehr respektvolles und konstruktives Gespräch zwischen dem neuen DFV-Präsidenten Kal-Heinz Banse (Niedersachsen), den übrigen Präsidiumsmitgliedern und dem VdF NRW stattgefunden. Die Vorgänge seien damit aber keinesfalls abgehakt, so Heinisch. Es sei vielmehr ein Gebot der Fairness, dem DFV die Chance zu geben, die Dinge nun anzupacken. Während der Mitgliederversammlung in Hilden wurde deshalb von den Delegierten einstimmig entschieden, die abschließende Meinungsbildung über einen möglichen Austritt aus dem DFV auf das kommende Jahr zu verschieben.

„Say gesunt“, mit diesem jidischen Abschiedsgruß, der so viel beutet wie „Mach’s gut!“ verabschiedete Jan Heinisch die Delegierten und erinnerte damit gleichzeitig an das Jubiläum „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)

DSC 0172Die VdF-Mitgliederversammlung 2020 findet in der Stadthalle Hilden statt.

DSC 0182140 Delegierte aus allen Teilen Nordrhein-Westfalens nehmen daran teil.

DSC 0179NRW-Innenminister Herbert Reul (l) wird von VdF-Geschäftsführer Christoph Schöneborn begrüßt.

DSC 0184Vieraugengespräch vor Beginn der Versammlung: Minister Herbert Reul (l) und VdF-Vorsitzender Dr. Jan Heinisch.

DSC 0181(v.l.) Stephan Neuhoff, Leiter der Feuerwehr Köln a.D., Cornelia de la Chevallerie, Abteilungsleiterin „Gefahrenabwehr“ im NRW-Innenministerium, und VdF-Vize Bernd Schneider

DSC 0186Jan Heinisch berichtet über die Verbandsarbeit im zurückliegenden Jahr.

DSC 0226Der VdF hat die Corona-Krise genutzt, um neue Publikationen zu veröffentlichen, darunter der „Bilderbogen 10 + 1 Jahre“.

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DSC 0210VdF-Vize Bernd Schneider trägt den Kassenbericht vor.

DSC 0221Branddirektor a.D. Stephan Neuhoff erläutert die finanzielle Situation des Solidaritätsfonds, der in Not geratene Feuerwehrleute und ihre Angehörigen unterstützt.

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DSC 0211Christoph Schöneborn leitet die Geschäftsstelle des VdF in Wuppertal.

DSC 0199Hohe Auszeichnung für Bezirksbrandmeister a.D. Klaus-Thomas Riedel (Düsseldorf):
Minister Reul verleiht ihm das Brand- und Katastrophenschutz-Verdienst-Abzeichen in Gold.

DSC 0217Jan Heinisch (r) verabschiedet die verdienten Ausschussmitglieder Harald Band aus Frechen (l) (Rettungsdienst u. Rettungsmedizin) und Karl-Heinz Schanzmann aus Herdecke (Psychosoziale Unterstützung u. Psychosoziale Notfallversorgung)

DSC 0223KBM Bernd Kröger vertritt den KFV-Herford in Hilden

DSC 0224(v.l.) KBM Bernd Kröger und Bezirksbrandmeister Michael Kirchoff (Hüllhorst)