Resolution als Zeichen gegen die Gewalt

65. Delegiertenversammlung des DFV in Erfurt

44076144575 a2fbcba003 o bBerlin/Erfurt. Sie werden angepöbelt, bespuckt und manchmal sogar geschlagen: Feuerwehrleute sind in zunehmendem Maße Hass und Gewalt ausgesetzt. So kann es nicht weitergehen. Die 65. Delegiertenversammlung des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) hat deshalb (am 29.09.2018) in Erfurt (Thüringen) die Resolution „Unsere Einsatzkräfte – unsere Sicherheit! Nein zu Gewalt gegen Feuerwehrleute“ beschlossen. DFV-Präsident Hartmut Ziebs nannte die Übergriffe unverzeihlich. Er forderte: „Die Gesellschaft hat sich schützend vor uns zu stellen!“ Im Vorfeld der Delegiertenversammlung hatte der Thüringer Feuerwehr-Verband zu einer Festveranstaltung zum 150-jährigen Jubiläum geladen. Zudem fand im Augustiner-Kloster ein Ökumenischer Gottesdienst statt.

Gießübel (Landkreis Hildburghausen/Thüringen) im August 2018: Die Feuerwehr wird zu einem Wohnhausbrand gerufen. Während der Löscharbeiten bricht die gesamte Wasserversorgung des Ortes zusammen, weil das Hydrantennetz zu schwach ist. Einige Anwohner machen ihrem Ärger Luft und beschweren sich bei den Feuerwehrleuten lauthals darüber, dass sie nun kein Wasser mehr haben. Im weiteren Verlauf kommt es zu verbalen Attacken auf die Einsatzkräfte, sodass die Polizei einschreiten muss.

September 2018: Im Rahmen einer Amtshilfe für die Polizei soll die Freiwillige Feuerwehr Kranichfeld (Landkreis Weimarer Land/Thüringen) eine Tür öffnen. Plötzlich überschüttet der Hausbewohner die Einsatzkräfte mit Benzin und versucht sie mit einem Gasbrenner anzuzünden. Glücklicherweise gelingt ihm das nicht. Ein Feuerwehrmann wird dennoch leicht verletzt.
Das sind nur zwei erschreckende Fälle, die sich allein in Thüringen in den letzten beiden Monaten ereignet hatten. In einem bewegenden Appell verurteilte DFV-Vize Lars Oschmann (Thüringen) die zunehmende Gewalt gegen Einsatzkräfte. „Das ist nicht nur ein Großstadtphänomen, wie die beiden Beispiele zeigen, und es sind leider auch nicht nur wenige Einzelfälle!“

Forderungen formuliert

Der Respekt und die Unterstützung der Einsatzkräfte, so wurde während der DFV-Versammlung im Congress-Center-Erfurt deutlich, haben in den letzten Jahren immer mehr nachgelassen. Hiergegen wendet sich die Resolution, die von den 170 Delegierten, darunter Bezirksbrandmeister Michael Kirchhoff und Ehrenkreisbrandmeister Wolfgang Hackländer, die zur Delegation aus NRW gehörten, einstimmig verabschiedet wurde. Darin fordern sie zunächst einmal, dass den Einsatzkräften der nötige Respekt entgegengebracht werde. Schließlich sei der Schutz der Retter für ein funktionierendes Feuerwehrwesen wie auch das Gemeinwesen insgesamt unerlässlich. Die Delegierten halten es für nötig, die unterschiedlichen Maßnahmen zur Sensibilisierung der Bevölkerung in einer bundesweiten, konzentrierten und nachhaltigen Kampagne zusammenzuführen. „Dadurch soll eine breite Debatte in der Öffentlichkeit ausgelöst und die Bevölkerung motiviert werden, die Arbeit der Retter zu unterstützen!“ Um die Wertevermittlung und Wertschätzung zu verbessern, fordern sie außerdem, das Ehrenamt verstärkt zum Unterrichtthema an Schulen zu machen. Schon bisher klären die Feuerwehren im Rahmen der Brandschutzerziehung über ihre Arbeit auf. „Diese Angebote“, so der Resolutionstext, „müssen erweitert werden, damit Kinder und Jugendliche ehrenamtliche Arbeit kennen und wertschätzen lernen.“ Die Delegiertenversammlung hält in diesem Zusammenhang eine Strafverschärfung und konsequente Strafverfolgung für unvermeidbar. Um Gewalttaten zu verhindern und ein klares Signal zu setzen, müssten verbale Bedrohungen und Gewaltaufrufe, die bislang unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit lägen, zwingend strafrechtlich verfolgt werden. Jeder Angriff gegen Einsatzkräfte bedeute auch eine Gefährdung der Inneren Sicherheit. „Die konsequente Aburteilung durch die Gerichte liegt daher im Interesse der Gesellschaft“, so die Meinung der Delegierten in ihrer Resolution. Weiterhin setzt sich der DFV für die Einrichtung einer zentralen bundesweiten Anlaufstelle für die Opfer von Gewalt ein. „Wir lassen die Betroffenen nicht im Stich!“ Die Resolution wird vom Deutschen Städtetag, dem Deutschen Landkreistag sowie dem Deutschen Städte- und Gemeindebund mitgetragen.

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Die 65. Delegiertenversammlung des DFV fand im Congress-Center in Erfurt statt. (Foto: DFV)

Allgemeine Dienstpflicht für junge Menschen

DFV-Präsident Ziebs sprach sich vor den Delegierten im Congress-Center für die Einführung eines allgemeinen verpflichtenden Dienstjahres aus, das von der Politik erst kürzlich ins Gespräch gebracht wurde. Auf diese Weise könnten junge Leute wieder verstärkt an die Gesellschaft und die Gemeinschaft herangeführt werden. „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Menschen dann auch wieder mehr Respekt gegenüber den Feuerwehrleuten zeigen werden!“ Im letzten Jahr habe sich die Bundeskanzlerin deutlich vor ihre Feuerwehrleute und das Ehrenamt Feuerwehr gestellt, sagte Ziebs. In diesem Jahr habe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den DFV gebeten, ihm über die Probleme der Nachwuchsgewinnung und Möglichkeiten einer stärkeren Wertschätzung der ehrenamtlichen Arbeit zu berichten. „Allein die Tatsache, dass sich unser Staatsoberhaupt mit diesen Fragen beschäftigt, zeigt: Wir sind ein unverzichtbarer Teil unseres Staates!“ Ziebs appellierte noch einmal an Bundestag und Bundesregierung, endlich die notwendigen Fahrzeug-Ersatzbeschaffungen für den Katastrophen- und Zivilschutz durchzuführen. „Wer die Feuerwehren im Rahmen der Sicherheit in unserem Land nicht ordentlich ausstattet, der meint es mit der Inneren Sicherheit auch nicht ernst!“ Der DFV-Präsident blickte zum Abschluss seiner Rede in die Zukunft. Im Juni 2020 findet in Hannover der 29. Deutsche Feuerwehrtag zusammen mit der Interschutzmesse statt. „Hier werden wir die Themen Digitalisierung und Klimawandel zu unseren Schwerpunkten machen!“

Sterne an innovative Feuerwehren verliehen

Die Freiwillige Feuerwehr aus dem bayerischen Neufahrn (Landkreis Landshut) hat den Innovationspreis IF Star 2018 gewonnen. Die Preisverleihung fand während der Delegiertenversammlung in Erfurt statt. Die öffentlichen Versicherer und der Deutsche Feuerwehrverband verleihen die Auszeichnung alle zwei Jahre. Damit sollen Ideen gewürdigt und gefördert werden, die dazu beitragen, Personen- oder Sachschäden zu mindern oder zu vermeiden. Martin Schindlbeck, Zugführer der Feuerwehr Neufahrn, entwickelte ein Zusatzmodul für den Verkehrssicherungsanhänger. Es handelt sich um einen Behälter mit zusammengefalteten Warndreiecken. Die Mechanik und der entstehende Unterdruck sorgen dafür, dass sich die sogenannten Faltsignale samt Aufsteck-Blitzleuchten automatisch aufstellen. Der Vorgang dauert ganze drei Sekunden pro Schild. Doch viel wichtiger: Die Feuerwehrleute müssen sich an der Einsatzstelle nicht in Gefahr begeben, weil sie während der Absicherungsmaßnahmen im Einsatzfahrzeug sitzen bleiben können. „Dadurch werden Dienstunfälle verhindert!“, meinte Schindlbeck. Als Auszeichnung erhielt er den IF Star 2018, eine Bronzeskulptur des Künstlers Siegfried Neuenhausen, und ein Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro. Den zweiten Platz belegte die Freiwillige Feuerwehr Endingen am Kaiserstuhl (Landkreis Emmendingen/Baden-Württemberg). Sie entwickelte eine spezielle Dreifachwicklung, mit der die Schläuche platzsparend im Schlauchtragekorb untergebracht werden können und schnell einsatzbereit sind. Für ihre Idee erhielt die Wehr neben dem IF Star eine Prämie in Höhe von 3.000 Euro. Die Freiwillige Feuerwehr und die Stadtjugendfeuerwehr Balingen (Zollernalbkreis/Baden-Württenberg) konnten sich über den dritten Platz freuen, der neben der Bronzeskulptur mit 2.000 Euro Prämie verbunden war. Mit ihrem BalFeu-Ausbildungssystem kann der Feuerwehrnachwuchs Löscheinsätze und Technische Hilfeleistungen theoretisch durchspielen. Das System besteht aus Magnetfiguren, Bauteilen und laminierten Magnetkarten, die in einen handlichen Koffer passen. (Redaktion: kfv-herford.de)

-Vo-

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170 Delegierte aus dem gesamten Bundesgebiet nahmen daran teil. (Foto: DFV)

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DFV-Präsident Hartmut Ziebs: „Tätliche Angriffe gegenüber Feuerwehrleuten sind unverzeihlich!“ (Foto: DFV)

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DFV-Vize Lars Oschmann richtet einen bewegenden Appell zur „Gewalt gegen Einsatzkräfte“ an die Versammlung. (Foto: DFV)

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Die Delegierten beschließen einstimmig die Resolution
„Unsere Einsatzkräfte – unsere Sicherheit! Nein zur Gewalt gegen Feuerwehrleute“. (Foto: DFV)

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Delegation aus NRW mit Ehrenkreisbrandmeister Wolfgang Hackländer und Bezirksbrandmeister Michael Kirchhoff (4. u. 5. v.r.). (Foto: DFV)

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Die öffentlichen Versicherer und der DFV zeichnen besonders innovative Sicherheits-Ideen mit dem IF Star aus. (Foto: DFV)

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Den ersten Platz belegt die Freiwillige Feuerwehr aus dem niederbayerischen Neufahrn. (Foto: DFV)

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Sie entwickelte ein Zusatzmodul für den Verkehrssicherungsanhänger,
mit dem Warndreiecke vollautomatisch aufgestellt werden können.
(Foto: Feuerwehr Neufahrn)