Der David unter den Goliaths

Magirus-Lohr stellt das erste vollelektrisch betriebene Löschfahrzeug vor.

Wels (Österreich). Magirus-Lohr hat auf der Messe „Retter“ in Wels/Oberösterreich (20.- 22.09.2018) das weltweit erste serienreife und vollelektrische Hilfeleistungslöschfahrzeug offiziell vorgestellt. Der kleine Flitzer misst eine Länge von nicht einmal vier Metern. Doch seine kompakten Abmessungen verleihen ihm in Kombination mit der Null-Emissionen-Technologie ungeahnte Stärken. Christian Reisl, Geschäftsführer von Magirus-Lohr, sprach deshalb bereits vom David unter den Goliaths. „Das kleine Löschfahrzeug erfüllt die gleichen Funktionen wie ein großes!“ Es soll schon bald serienmäßig „vom Band laufen“.

Magirus-Lohr, ein Tochterunternehmen der Magirus GmbH (Ulm), fertigt am Standort in Kainbach (Steiermark/Österreich)  Feuerwehrfahrzeuge, die für ihre funktionelle Gestaltung und handwerkliche Perfektion bekannt sind. Mit der „Innovative Drive Line (iDL)“  haben die Österreicher nun eine ganz neue Serie in ihr Programm aufgenommen. Sie wollen zukunftsfähige, praxistaugliche Feuerwehrfahrzeuge mit alternativen Antriebstechniken auf den Markt bringen. Ein erster großer Schritt in Richtung Elektromobilität ist gemacht: Auf der „Retter“, der österreichischen Leitmesse für Sicherheit und Einsatzkräfte (rund 200 Aussteller aus sieben Ländern),  präsentierte Magirus-Lohr das nach eigener Aussage erste vollelektrisch betriebene Hilfeleistungslöschfahrzeug (eHLF).

 

Magirus-Lohr zeigt auf der Retter-Messe in Wels das erste serienreife und vollelektrische Hilfeleistungslöschfahrzeug. 
(Foto: Magirus-Lohr, Kainbach/Österreich) 

 

Elektrotransporter zum Feuerwehrfahrzeug weiterentwickelt

Das eHLF (Kostenpunkt rund 120.000 Euro) ist eigentlich ein Kleinlösch- und Allzweckeinsatzfahrzeug. Es basiert auf dem multifunktionalen Transporter ELI. Den hatte MUP-Technologies aus Stallhofen (Steiermark/Österreich) entwickelt und als erstes österreichisches Elektrofahrzeug auf die Straße gebracht. Seit 2016 wird ELI in Kleinserie produziert.    MUP liefert den kompakten Kleintransporter, ganz nach den individuellen Wünschen der Kunden, mit verschiedensten Aufbauten und Anbaugeräten. Dadurch wird er zum Allrounder, der im kommunalen Dienst beispielsweise bei der Straßenreinigung, im Winterdienst oder als Transportfahrzeug einsetzbar ist. Seine Null-Emissionen-Technologie macht ihn außerdem für die firmeninterne Versorgung, Flughafendienste sowie den innerbetrieblichen Verkehr in großen Krankenhäusern interessant. Mit dem eHLF kommt jetzt noch eine weitere Variante hinzu, die von Magirus-Lohr und MUP gemeinsam entwickelt wurde.

 

Löschtechnik im Fahrzeugboden integriert – austauschbare Geräteaufbauten

Das Kleinlösch- und Allzweckeinsatzfahrzeug wird rein elektrisch betrieben. Ein Lithium-Eisenphosphat-Akku liefert zum einen die Energie für den 30 Kilowatt starken Elektromotor, der den roten Flitzer auf eine Höchstgeschwindigkeit von 65 Stundenkilometern beschleunigt. Zum anderen sorgt er für den Antrieb der Feuerlöschpumpe, die neben dem 100 Liter fassenden Wassertank im Fahrzeugboden integriert ist. Der Akku kann über ein Schnellladesystem innerhalb von 2,5 Stunden oder alternativ über einen normalen 230-Volt-Hausanschluss innerhalb von sechs Stunden wieder aufgeladen werden. Mit der Batteriekapazität von 20 Kilowattstunden soll eine Reichweite von bis zu 110 Kilometern möglich sein. Die Energie für die elektrische Hochdruckpumpe reicht für vier Stunden. Sie arbeitet mit einem Druck von 40 Bar und verwandelt 40 bis 50 Liter Wasser pro Minute in einen feinen Nebel, der die Flammen erstickt.

Der Elektrolaster wird erst durch seine austauschbaren Geräteraumaufbauten zum Hilfeleistungslöschfahrzeug für die unterschiedlichsten Einsatzlagen. Die Magirus-Lohr-Ingenieure haben die Wechselcontainer so konstruiert, dass sie mittels Gabelstapler innerhalb von 15 Sekunden getauscht werden können. Die Beladung der Geräteträger ist für Brände, Technische Hilfeleistungen, Öl- und Chemieunfälle oder die medizinische Erstversorgung ausgelegt. Außerdem können vier Feuerwehrleute eine Pritsche zum Transport von Ölbindemittel, Rüsthölzern oder Atemluftflaschen montieren, ohne dass dazu weitere Hilfsmittel erforderlich sind.

 

Antriebs- und Löschtechnik sind im Fahrzeugboden integriert.
(Foto: Magrius/Lohr, Kainbach/Österreich)

 

Out- und Indooreinsatz   

Das eHLF verfügt über permanenten Allradantrieb (4x4). Es misst einer Länge von gerade einmal 3,94 Meter, ist nur 1,44 Meter breit und 2,30 Meter hoch.  Der Wendekreis fällt mit sechs Metern entsprechend klein aus. (Zum Vergleich: VW-Golf 10,90 Meter.) Bei einem Leergewicht von 1,5 Tonnen beträgt die Nutzlast immerhin noch eine Tonne, sodass sich ein Gesamtgewicht von 2,5 Tonnen ergibt. Die kompakten Abmessungen verleihen dem Allrounder seine enorme Wendigkeit. Enge Gassen sind - genauso wie Fahrten über Gehwege - kein Problem. Notfalls können die Einsatzkräfte mit dem Löschmobil sogar in große Industriehallen oder Terminals vorrücken, da es dank Null-Emissionen-Technologie keine Abgase produziert. Die Zweimannbesatzung behält dabei durch die tief nach unter gezogene Front- und die großen Seitenscheiben alles im Blick.

 

Auf Wachstumskurs

Magirus-Lohr-Geschäftsführer Christian Reisl freute sich: „Vorsprung in Technologie und Innovation ist Teil unserer Wachstumsstrategie!“  Das Unternehmen beschäftigt in Kainbach, ganz in der Nähe der steirischen Landeshauptstadt Graz, 168 Mitarbeiter und 24 Lehrlinge. Zusätzliches Personal wird gesucht; denn der Betrieb will weiter wachsen. Die alten Hallen sind mittlerweile zu klein geworden. An einem neuen Standort, wahrscheinlich im Bezirk Graz-Umgebung, soll die Produktion erweitert werden.

Auf der Retter-Messe war übrigens auch die Betriebsfeuerwehr der Linz AG (Oberösterreich) mit „Europas erstem vollausgerüsteten Feuerwehrfahrzeug mit Elektroantrieb“ vertreten. Das hatten Feuerwehrausrüster Rosenbauer und Projektpartner Kreisel Electric gemeinsam auf die Straße gebracht. Redaktion: kfv-herford.de stellte das Auto bereits als Fahrzeug des Monats Mai 2018 vor.  (Redaktion: kfv-herford.de)

 

                                                                                                                                                   -Vo-    

 

Bildunterschriften:

 


Das E-Mobil besticht durch seine kompakten Abmessungen.
(Foto: Magirus-Lohr, Kainbach/Österreich)


Es hat trotzdem viele Funktionen eines großen Löschfahrzeugs.
(Foto: Magirus-Lohr, Kainbach/Österreich)

 


 Zum Fahrzeugkonzept gehören auswechselbare Geräteraumaufbauten.
(Foto: Magirus-Lohr, Kainbach/Österreich)

 

 
Vier Personen tragen eine Pritsche herbei, ...
(Foto: Magirus-Lohr, Kainbach/Österreich)

 

  … die sie mit wenigen Handgriffen montieren. Das eHLF wird so zum Transporter. 
(Foto: Magirus-Lohr, Kainbach/Österreich)