Fahrzeug des Monats
Mai 2020
Gerätewagen-Gefahrgut (GW-G)
Einsatzfahrzeug der Werkfeuerwehr Infraserv Höchst
Standort: Feuerwache 1 Industriepark Höchst (IPH), Frankfurt a.M.
Funkrufname (OPTA): Florian Werk Höchst GW-G
Technische Daten
Fahrgestell (Hersteller) |
Mercedes-Benz |
Typ |
Actros 2551 L |
Motor |
8-Zylinder Dieselmotor |
Leistung |
510 PS (440 kW) |
Antriebsart/Radformel |
6x2 (Straßenantrieb) |
Höchstgeschwindigkeit |
ca. 90 km/h |
Abmessungen |
12,00 m (L), 2,50 m (B), 3,85 m (H) |
Radstand |
5,80 m |
zul. Gesamtgewicht |
26,0 t |
Ausbau/Ausrüstung |
Rosenbauer International AG, Leonding/Österreich Kabine Aufbau Geräte Druckluftkompressor Stickstofflöschanlage Stromversorgung tragbarer Stromerzeuger
|
Besatzung |
1/1 (Trupp) |
Baujahr/Indienststellung |
12/2019 |
amtl. Kfz-Kennzeichen |
F-WF 1551 |
(Fortsetzung von der Startseite):
Im Jahr 1863 wurde in Höchst am Main eine Fabrik zur Herstellung von Teerfarbstoffen gegründet. Sie bildete die Keimzelle für die (Farbwerke) Hoechst AG, die in den folgenden eineinhalb Jahrhunderten Weltgeltung erlangen sollte. Heute befindet sich auf dem 4,6 Quadratkilometer großen Werksgelände in Frankfurt einer der größten Industrieparks in Deutschland und einer der größten Chemie- und Pharmastandorte Europas. Mehr als 90 Firmen mit rund 22.000 Beschäftigten haben hier Produktions- und Forschungsstandorte, darunter BASF, Bayer und der französische Pharma-Riese Sanofi - Nachfolger der Hoechst AG - als größter Investor und größtes Einzelunternehmen.
Seit 1998 betreibt die Infraserv Höchst-Gruppe (rd. 2.700 Mitarbeiter) den Industriepark. Sie bietet den ansässigen Betrieben ein breites Spektrum an Industriedienstleistungen und ist nicht zuletzt für die Gefahrenabwehr verantwortlich. Die Werkfeuerwehr und das medizinische Versorgungszentrum fallen deshalb ebenfalls in ihren Aufgabenbereich.
Der Industriepark Höchst ist für die Chemie- und Pharmaindustrie ein wichtiger Produktions- und Forschungsstandort. 22.000 Menschen arbeiten hier. (Foto: Infraserv GmbH u. Co. Höchst KG)
Einsatzaufkommen einer Großstadtfeuerwehr
Der riesige Industriepark erstreckt sich über die Frankfurter Stadtteile Höchst, Sindlingen und Schwanheim. Er reicht bis zur Nachbarstadt Kelsterbach. Der Main teilt das Gelände in zwei Hälften. Es gibt einen Binnenhafen und zwei Brücken: Die Werksbrücke-Mitte und die Werksbrücke-West verbinden den nördlichen mit dem südlichen Teil. Die Werkfeuerwehr „operiert“ deshalb auch von zwei Feuerwachen aus, die rund um die Uhr besetzt sind: Eine befindet sich auf der Nord- und die andere auf der Südseite des Mains.
120 Feuerwehrleute beschäftigt Infraserv Höchst im Schichtbetrieb am Standort Frankfurt. Die sorgen für die nötige Sicherheit; denn das Einsatzaufkommen ist beachtlich. Etwa 1.000 Mal rückt die Werkfeuerwehr Jahr für Jahr aus. „Das entspricht dem (Feuerwehr-) Einsatzaufkommen in einer Großstadt mit 300.000 Einwohnern“, sagt ihr stellvertretender Leiter, Dr. Thorsten Peine. Die Palette reiche dabei von der Tierrettung aus dem Gully-Schacht bis hin zum Großbrand und umgekippten Chemielaster. Natürlich komme es auch zu Fehlalarmen, so Peine. Im Industriepark gibt es nämlich über 10.000 Brandmelder. Die sind so empfindlich eingestellt, dass auch ein dampfender Wasserkocher oder aufgewirbelter Staub den Feueralarm auslösen können. Das ist Teil des Sicherheitskonzeptes: „Lieber Vorsicht als Nachsicht!“
Industriepark-Wehr gehört zum TUIS-Verbund
In der Gefahrenabwehr-Meldezentrale, die bei Infraserv kurz „GAMZ“ heißt, laufen die Drähte der Brandmelde- und Alarmanlagen, Zaunüberwachung sowie die Überwachungssysteme des Mainufers, der Drehkreuze, Serverschränke und Labor-Kühlanlagen zusammen. Vier Disponenten behalten auf einer überdimensionalen Videowand bis zu 24 Monitore im Blick. Im Notfall alarmieren sie die Werkfeuerwehr und bei Bedarf weitere Einsatzkräfte von außerhalb. Wenn es nötig ist, lösen sie zudem die Sirenen im Industriepark und den angrenzenden Stadtteilen aus. Gleichzeitig informieren sie bei einem größeren Störfall Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser und Altenheim mit automatischen Telefonanrufen.
Die Werkfeuerwehr Infraserv Höchst gehört dem Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem (TUIS) an. Sie kommt damit auch außerhalb des Werksgeländes zum Einsatz. „Wir werden im Rhein-Main-Gebiet regelmäßig hinzugezogen, wenn auf der Autobahn oder der Schiene ein Chemieunfall passiert ist“, erklärt Vizechef Peine. Die TUIS-Hilfe gliedert sich in drei Stufen: Telefonische Fachberatung (Stufe 1), Beratung durch einen Experten vor Ort (Stufe 2) oder Technische Hilfe am Unglücksort (Stufe 3). Die „GAMZ“ des Industrieparks Höchst ist gleichzeitig eine von zwölf TUIS-Zentralen in Deutschland, die rund um die Uhr besetzt ist.
Gerätewagen-Gefahrgut für die besonderen Herausforderungen des Chemieparks
Zum Fuhrpark der Industriepark-Brandschützer gehören unter anderem zwei Universallöschfahrzeuge, zwei Trockentanklöschfahrzeuge, ein Teleskopmast, der eine Höhe von 53 Metern erreicht, ein Feuerlöschboot mit zwei Wasserwerfern, die über eine Leistung von jeweils 3.000 Litern pro Minute verfügen, und der neue Gerätewagen-Gefahrgut (GW-G).
Solche Fahrzeuge sind für das Auffangen, Umfüllen und Umpumpen von brennbaren Flüssigkeiten, Säuren und Laugen der Gefahrgutklassen 3, 6 und 8 ausgerüstet. Sie haben außerdem das passende Material an Bord, um Leckagen abzudichten und undichte Gebinde zu bergen. Der österreichische Feuerwehrgerätehersteller Rosenbauer hat den GW-G der Infraserv-Wehr genau auf das Einsatzspektrum im Industriepark abgestimmt. Herausgekommen ist ein Gerätewagen, wie er so bei keiner kommunalen Feuerwehr zu finden ist.
Der 26-Tonner basiert auf einem Dreiachsfahrgestell von Mercedes-Benz (Typ Actros 2551 L 6x2) mit gelenkter Hinterachse und 510 PS. Um den Brandschutz bei einem Einsatz mit brennbaren Flüssigkeiten sicherstellen zu können, ist im Aufbau eine Stickstofflöschanlage mit vier Flaschen zu je 50 Litern Inhalt verbaut. Die kontaminierten Ausrüstungsgegenstände, wie beispielsweise die Gefahrgutschläuche, werden nach dem Einsatz auf dem Dach transportiert. Der GW-G verfügt dazu am Heck statt einer Ladebordwand über einen Vertikallift mit einer Traglast von einer Tonne und einer Hubhöhe von 2,20 Meter. Rosenbauer hat solch einen Lift nach eigenen Angaben erst einmal zuvor installiert. Um pneumatische Werkzeuge, wie etwa einen Druckluft-Schrauber, betreiben zu können, ist ein Druckluftkompressor vorhanden. Währenddessen erfolgt die Stromversorgung für die Elektrogeräte über den 30kVA-Einbaugenerator und einen zweiten, tragbaren 14kVA-Stromerzeuger. Die Hygienewand wird aus einem Wassertank gespeist, der 400 Liter fasst. Im Notfall kann über das System auch eine Dekon-Dusche betrieben werden. Seitliche Markisen bieten Schutz vor Regen oder starker Sonneneinstrahlung. Im Fahrerhaus gibt es außerdem einen separaten Arbeitsplatz, um die Atemschutzüberwachung am Einsatzort sicherzustellen.
Das Dekontaminationsfahrzeug der Werkfeuerwehr Infraserv Höchst kommt ebenfalls von Rosenbauer. Der Feuerwehrgerätehersteller hatte es vor zehn Jahren an den Main geliefert. (Redaktion: kfv-herford.de)
-Vo-
Die Werkfeuerwehr Infraserv Höchst verfügt über einen neuen Gerätewagen-
Gefahrgut. (Foto: Rosenbauer International AG, Leonding/Österreich)
Das Fahrzeug basiert auf einem Dreiachsfahrgestell von Mercedes-Benz
(Typ Actros 2551 L 6x2) mit lenkbarer Hinterachse und 510 PS.
(Foto: Rosenbauer International AG, Leonding/Österreich)
Am Heck befindet sich ein Vertikallift mit einer Tragkraft von einer Tonne
und einer Hubhöhe von 2,20 Meter. Seitliche Markisen schützen vor Regen
oder starker Sonneneinstrahlung. (Foto: Rosenbauer International AG,
Leonding/Österreich)
Das Hygienebord mit Dekon-Dusche ist mit einem 400-Liter-Wassertank
verbunden. (Foto: Rosenbauer International AG, Leonding/Österreich)
Im Aufbau sind zahlreiche Geräte und Werkzeuge für den Gefahrguteinsatz
verstaut. Zur Stromversorgung gibt es einen fest eingebauten Generator und
einem tragbaren Stromerzeuger. (Foto: Rosenbauer International AG,
Leonding/Österreich)
Die Werkfeuerwehr Infraserv Höchst ist Mitglied im TUIS-Verbund, dem
Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem der chemischen
Industrie. … (Foto: Rosenbauer International AG, Leonding/Österreich)
… Sie unterstützt die öffentlichen Feuerwehren im Rhein-Main-Gebiet
bei Chemieunfällen. (Foto: Rosenbauer International AG, Leonding/Österreich)
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