Feuerwehrleute gehen in der Hauptstadt auf Entdeckungsreise

Dreitägige Fahrt nach Berlin

20241113 093536Berlin. Feuerwehrleute aus dem Kreis Herford und dem Nachbarkreis Minden-Lübbecke haben in einer politisch turbulenten Zeit eine Reise nach Berlin unternommen. Sie folgten damit einer Einladung von Stefan Schwartze, dem örtlichen Bundestagsabgeordneten. Das Programm der dreitägigen Fahrt (12.11. – 14.11.2024) war vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung und dem örtlichen Wahlkreisbüro erstellt worden. So besuchte die Gruppe unter anderem das Stasi-Unterlagen-Archiv, die Gedenkstätte Deutscher Widerstand und das Bundesgesundheitsministerium. Zum Abschluss ihrer Berlinvisite nahmen die Feuerwehrleute auf der Besuchertribüne des Deutschen Bundestags Platz und erlebten mit, wie im Parlament anlässlich einer Aktuellen Stunde zur Weltklimakonferenz hitzig debattiert wurde.

Am frühen Dienstagmorgen macht sich die Abordnung aus der Heimat – Feuerwehrleute aus dem Kreis Herford und dem benachbarten Bad Oeynhausen sowie Mitarbeitende der Kreisverwaltung zählen dazu – mit dem Reisebus auf den Weg in die Bundeshauptstadt. Schließlich ist Berlin immer noch eine Reise wert: Sie ist die einzige deutsche Großstadt, die international als Weltstadt wahrgenommen wird. Mehr als 3,8 Millionen Menschen leben hier; rund 190 Nationen sind in der Metropole an der Spree vertreten. Die deutsche Widervereinigung am 3. Oktober 1990 hatte einen gewaltigen Bauboom zur Folge, der in Berlin bis heute anhält. Gerade das macht die Hauptstadt für Touristen, allein von Januar bis September 2024 kamen 9,5 Millionen, so interessant.

20241114 151748Das Brandenburger Tor ist Symbol der Freiheit und der deutschen Wiedervereinigung.

111 Kilometer Stasi-Akten

28 Jahre trennte die Mauer Berlin. Während die Menschen im Westteil der Stadt in Freiheit lebten, war Ostberlin Hauptstadt der DDR – einer kommunistischen Diktatur. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), kurz Stasi genannt, sicherte die Herrschaft der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Die Reisegruppe aus der Heimat besichtigt die ehemalige Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg, einer Stadt in der Stadt mit einst 7.000 Mitarbeitern, gleich nach ihrer Ankunft. Während einer Führung durch das Stasi-Unterlagen-Archiv erfahren die Feuerwehrleute mehr über die einstige Geheimpolizei der DDR. 111 Kilometer Akten(!) zählen zur Hinterlassenschaft der Stasi. Darin ist dokumentiert, wie der Staatsicherheitsdienst die Bürger systematisch ausspähte, verfolgte und oftmals schweren Repressionen aussetzte. Die rund 1.300 Mitarbeitenden des Stasi-Unterlagen-Archivs, es gehört heute zum Bundesarchiv, haben die Aufgabe, die Akten zu sichern, zu bewahren und verfügbar zu machen. Mit der Besetzung der Stasi-Dienststellen kurz nach der Maueröffnung im Jahr 1989 beendete die Bevölkerung die weitere Vernichtung der Unterlagen durch das MfS. Noch immer gibt es 15.500 Säcke mit zerrissenen Stasi-Dokumenten, die auf ihre Rekonstruktion warten. Währenddessen soll die einstige Stasi-Zentrale zum „Campus für Demokratie“ weiterentwickelt werden.

20241112 155125Im Stasi-Unterlagen-Archiv werden tausende Akten verwahrt.

Im Bundesgesundheitsministerium über die Krankenhausstrukturreform diskutiert.

Die anschließende Stadtrundfahrt führt über die Frankfurter Allee und Karl-Marx-Allee in Richtung Zentrum. Vorbei geht es an der East Side Gallery und dem Alexander Platz mit dem Fernsehturm (368 Meter). Stadtführer Alex, er begleitet die Gruppe aus OWL auch in den kommenden beiden Tagen, erzählt viele interessante Details zur Geschichte der Stadt und das kaum zu überschauende Kulturangebot. Zwischen der oft geschichtsträchtigen Architektur liegen über 2.500 öffentliche Grünanlagen. Das könne kaum eine andere europäische Metropole vorweisen, sagt Alex. Schließlich ist das Hotel – es liegt in der Nähe des Potsdamer Platzes – erreicht.
Am Mittwochmorgen werden die Feuerwehrleute im Bundesministerium für Gesundheit an der Glinkastraße erwartet. Es hat seinen ersten Dienstsitz weiterhin in Bonn und zählt 85 Fachreferate mit 1.200 Mitarbeitenden. Benjamin Falk erläutert der Besuchergruppe, wie die Gesetzesvorhaben umgesetzt werden. Aus einem Konzeptpapier entsteht „im Austausch mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren“ ein Referentenentwurf, der zum Gesetzentwurf weiterentwickelt und im Bundestag eingebracht werde. Unter dem damaligen Reichskanzler Otto von Bismarck wurde das "Gesetz betreffend der Krankenversicherung der Arbeiter" 1883 erlassen. In diesen Tagen schlägt die geplante Krankenhausstrukturreform, mit der die Kosten gesenkt und die Versorgungsqualität erhöht werden soll, hohe Wellen. Im Besucherzentrum des Ministeriums entwickelt sich dazu eine lebhafte Diskussion.

Widerstandskämpfer im Hof des Bendlerblocks erschossen

Im weiteren Verlauf des Vormittags steht der Besuch der Gedenkstätte Deutscher Widerstand auf der Tagesordnung. Sie befindet sich an historischer Stätte: Bis 1945 war die Geschichte des Bendlerblocks vom Militär bestimmt. Hier befand sich gleichzeitig das Zentrum des militärischen Widerstandes („Operation Walküre“) gegen das nationalsozialistische Regime. Nach dem gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 wurden die Widerstandskämpfer Stauffenberg, Haeften, Olbricht und Mertz von Quirnheim von Soldaten des Wachbataillons im Hof des Bendlerblocks erschossen. In der zweiten Etage des historischen Gebäudes dokumentiert die Ausstellung der Gedenkstätte umfassend Motive, Methoden und Ziele des Kampfes gegen den nationalsozialistischen Unrechtsstaat.
Nach dem Mittagessen trifft sich die Besuchergruppe aus der Heimat im Dokumentationszentrum der Stiftung Flucht Vertreibung und Versöhnung im Bezirk Kreuzberg. Die Ausstellung widmet sich den Themen Flucht, Vertreibung und Zwangsmigration im 20. und 21. Jahrhundert aus einer europäischen wie globalen Perspektive. Die Stiftung – sie wurde im Jahr 2008 von der Bundesregierung ins Leben gerufen – erinnert in diesem Zusammenhang auch an die mehr als 14 Millionen Deutsche, die nach dem Zweiten Weltkrieg die früheren preußischen Ostprovinzen und ihre Siedlungsgebiete in Mittel-, Südost- und Osteuropa verlassen mussten.

20241113 114237Beklemmender Blick auf die Gebäude des Bendlerblocks. Hier befand sich das Zentrum des militärischen Widerstandes rund um Claus Schenk Graf von Stauffenberg.

Politiker führen hitzige Klimadebatte

Am Donnerstagmorgen streiten die Abgeordneten des Deutschen Bundestags vor dem Hintergrund der UN-Klimakonferenz (COP 29) in Baku (Aserbaidschan) um den richtigen Weg aus der Klimakrise; und die Feuerwehrleute aus OWL sitzen auf der Besuchertribüne, um das Geschehen im Plenum live mitzuverfolgen. „Das Klima ändert sich; aber es besteht doch bitte schön kein Grund zur Panik“, meint der Abgeordnete einer rechten Partei. „Die Zeit läuft. Damit meine ich nicht die Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl, sondern unsere Zeit auf dieser Welt“, entgegnet Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Das sei eben keine gefühlte Wahrheit oder ein Tiktok-Video, sondern das seien die Fakten in der Welt, in der wir heute lebten. Eine Stunde später diskutieren die Besucher aus der Heimat mit ihrem Bundestagsabgeordneten über die aktuelle politische Lage. „Ihr seid genau die richtigen Leute hier, weil es genug zu löschen gibt“, sagt Stefan Schwartze in Anbetracht der zerbrochenen Ampelkoalition. Gut wäre, wenn die Politik ein paar Dinge, wie die Erhöhung der Beitragssätze zur Pflegeversicherung, noch gemeinsam auf den Weg brächte. „Sonst droht die Pleite!“ Schwartze ist gleichzeitig der Patientenbeauftragte der Bundesregierung. Er setzt sich für die Novellierung der „transplantationsrechtlichen Regelungen zur Lebendorganspende“ ein. Mit der Neuregelung würde künftig jeder als Organspender gelten, der nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Der Bundestagsabgeordnete erzählt von seinem Besuch in der Berliner Charité. „In Deutschland warten die Patienten acht bis zehn Jahre auf eine Spenderniere.“ Zum Abschluss des Besuchs geht es die Reichstagskuppel hinauf, um von dort die Blicke über das verregnete Berlin schweifen zu lassen.

20241114 112510Diskussionsrunde mit MdB Stefan Schwartze.

Am Nachmittag besteht noch kurz die Gelegenheit, über den Breitscheidplatz mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und dem Europacenter zu schlendern. Dann geht es zurück in die Heimat. „Ich war schon mehrfach mit der Feuerwehr in Berlin. Dies war meine schönste Tour, sagt Kreisbrandmeister Bernd Kröger auf der Rückfahrt.“

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)

20241112 144945Hauptquartier des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Berlin-Lichtenberg.

20241112 145333Mutige Bürger verhindern während der Wende, dass die Unterlagen vernichtet werden.

20241112 150943Ein ausgefeiltes Karteikartensystem diente dem MfS als zentrales Mittel, um die archivierten Unterlagen wiederzufinden.

20241112 150557Umlaufkarteigerät

20241112 153812Eine Mitarbeiterin des Unterlagenarchivs nimmt sich viel Zeit, um die Methoden der Stasi zu erklären.

20241112 192051In Berlin weihnachtet es bereits sehr.

20241112 214722Beleuchtetes Dach des Sony Centers am Potsdamer Platz.

20241113 093536

20241113 093953Besuch im Bundesministerium für Gesundheit.

20241113 095019Es entwickelt sich eine lebhafte Diskussion zum Krankenhausstrukturgesetz.

20241113 103201Kreisbrandmeister Bernd Kröger steht dort, wo sonst der Bundesgesundheitsminister die Presse informiert.

20241113 103515Abordnung der Kreisverwaltung und Kreisleitstelle.

20241113 114320Die Verschwörer des 20. Juli 1944 wurden im Hof des Bendlerblocks hingerichtet.

20241113 120814Dort wo General Fromm und Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg ihre Büros hatten, erläutert eine Historikerin die Einzelheiten zum militärischen Widerstand im Dritten Reich.

20241113 125627300 Personen zählten zum Kreis der Mitverschwörer.

20241113 151824Hochhäuser am Potsdamer Platz.

20241113 165219Vertreibung aus der Tschechoslowakei: Die Menschen durften bei ihrer Flucht nur eine Kiste mit wenigen Habseligkeiten mitnehmen, wie im Dokumentationszentrum der Stiftung Flucht Vertreibung Versöhnung zu sehen ist.

20241113 165626Mit dem Handwagen ging es hunderte Kilometer zu Fuß in Richtung Westen.

20241114 125247Reichstagsgebäude

20241114 112020„Wir haben nichts mehr gemeinsam hinbekommen“, sagt MdB Stefan Schwartze zum Bruch der Ampelkoalition.

20241114 120931„Lichtumlenkelement“ der Reichstagskuppel.

20241114 123301

20241114 124234Bundeskanzleramt

20241114 124342Blick zum Potsdamer Platz

20241114 133857Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche

20241114 133555Der moderne Kirchenneubau wurde von Architekt Egon Eiermann entworfen.

20241114 150845Auf dem Pariser Platz, unweit der russischen Botschaft, demonstrieren die Menschen für Frieden in der Welt.

20241114 121337Feuerwehrleute und Verwaltungsmitarbeitende aus den Kreisen Herford und Minden-Lübbecke unternehmen eine politische Bildungsreise nach Berlin.