Kreisfeuerwehrverband informiert sich beim DRK über Virtual-Reality-Ausbildung
Kreis Herford. Computerspiele bieten schon länger die Möglichkeit, in „fremde Welten“ einzutauchen. Doch der Spielwelt ist die moderne Simulationstechnik längst entwachsen. Im Rettungsbereich bietet Virtual Reality (VR) völlig neue Möglichkeit. Was sonst als Übung mit einem hohen Aufwand nachgestellt werden muss, kann nun dreidimensional mit einer Spezialbrille durchlebt werden. Beim DRK-Kreisverband Herford-Stadt e.V. ist die Ausbildung im virtuellen Rettungswagen bereits Realität. Kreisbrandmeister Bernd Kröger kann sich gut vorstellen, dass die VR-Brillen künftig auch an der Kreisfeuerwehrzentrale zum Einsatz kommen, um die Feuerwehrleute realitätsnah zu schulen. „Wir dürfen uns der neuen Technik, die viele Möglichkeiten bietet, nicht verschließen!“ Landrat Jürgen Müller hat bereits finanzielle Mittel für die VR-Ausbildung in Aussicht gestellt.
Thomas Pilz, Digitalisierungsbeauftragter beim DRK-Kreisverband Herford-Stadt e.V., und seine Mannschaft gelten in der Region als anerkannte Experten auf dem Gebiet der VR-Ausbildung. Eine Abordnung des Kreisfeuerwehrverbandes nutzte deshalb am Montag (7.06.2021) die Gelegenheit, um sich in der DRK-Geschäftsstelle an der Herforder Wittekindstraße aus erster Hand zu informieren.
Sowohl Pilz als auch Ralf Hoffmann, Geschäftsführer des Herforder Kreisverbandes, zeigten sich stolz über das bisher erreichte. Mit dem Fraunhofer-Institut für Grafische Datenverarbeitung haben sie einen starken Partner an ihrer Seite. Zudem unterstützt die Bergische Universität Wuppertal das DRK im Rahmen des Forschungsprojektes „Social Virtual Learning“. „Was uns antreibt, ist die Vision, Menschen so auszubilden, dass es in das heutige Lebensbild passt“, so Pilz. Das Fraunhofer-Institut stellt sein virtuelles Trainingstool Machine@Hand für die ehrenamtliche Sanitäter-Ausbildung zur Verfügung, während Studenten der Uni Wuppertal einen DRK-Rettungswagen digitalisierten – also quasi in einen virtuellen Zwilling verwandelten. Das gesamte Fahrzeug-Innenleben war zuvor mit einer 360-Grad-Spezialkamera gefilmt worden.
Eine Abordnung des KFV-Herford, darunter Kreisbrandmeister Bernd Kröger (Mitte),
informierte sich beim DRK-Kreisverband Herford-Stadt e.V. über die Möglichkeiten der VR-Ausbildung.
Mit der VR-Brille können die Ehrenamtlichen quasi per Knopfdruck
in einzelne Übungsszenarien virtuell eintauchen.
Thomas Pilz ist der DRK-Digitalisierungsbeauftragte.
Computer-Brille mit 360-Grad-Sichtfeld
Jetzt üben die DRK-Auszubildenden eine bestimmte Stundenzahl im virtuellen Rettungswagen. Das Prinzip ist mit der Pilotenausbildung im Flugsimulator vergleichbar. Die virtuelle Trainingswelt wird dabei über eine VR-Brille vermittelt. Sie ist keine Sehhilfe im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr ein kleiner Computer mit Display, Lautsprecher und 360-Grad-Sichtfeld. Das Bild passt sich der Kopfbewegung an. Der Nutzer kann somit in alle Richtungen schauen, während das Bild seinen Blicken folgt. Um sich in der digitalen Welt zu bewegen und Aktionen auszuführen, hält er in jeder Hand einen Controller mit einer Reihe von Tasten. Für die DRK-Auszubildenden bedeutet das: Sie öffnen solange die Schränke und Schubladen im virtuellen Rettungswagen, bis sie sich absolut sicher sind, wo welches Material zu finden ist. Das virtuelle Geschehen wird zusätzlich per Beamer auf eine Leinwand projiziert. Damit die Technik zuverlässig arbeitet ist allerdings ein besonders leistungsstarker Rechner erforderlich.
Mit VR-Brille, Headset und …
… Controllern wird …
… der virtuelle Rettungswagen erkundet.
Eigene VR-Produktionen
Der DRK-Kreisverband Herford-Stadt produziert auch eigene VR-Trainingssequenzen. So wurde im August vergangenen Jahres die Rettung eines „eingeklemmten PKW-Fahrers“ mit mehreren 360-Grad-Kameras gefilmt. Rund 80 Helfer, darunter die ADAC-Luftrettung als Partner des VR-Projektes, waren bei der Übung an der Ostwestfalenhalle Kaunitz (Kreis Gütersloh) vor Ort. „Mehrere Gigabyte Datenvolumen sind zusammengekommen“, berichtete Fotograf und DRK-Mann Markus Oh. Mit der Spezialbrille haben die Ehrenamtlichen jetzt die Möglichkeit, immer wieder in das Übungsszenario einzutauchen, um den gesamten Ablauf zu verinnerlichen. Bis zu 15 Teilnehmer können im virtuellen „Classroom Platz nehmen“. Wo sich die Auszubildenden tatsächlich aufhalten, spielt dabei keine Rolle, solange eine Internetverbindung per WLAN vorhanden ist. Ein „Instruktor“ übernimmt die Leitung. Er kann Fragen einblenden, Bereiche farbig hervorheben oder die zu einzelnen Sequenzen vorbereiteten Animationen starten. Die theoretische Ausbildung an der Kreisfeuerwehrzentrale wirkt dagegen zugegebenermaßen schon etwas antiquiert. Zur Erinnerung: Das Planspiel zur Aus- und Fortbildung der Führungskräfte findet (aus der „Vogelperspektive“) an einer Modelllandschaft im Maßstab 1:87 statt. Weiße Watte symbolisiert den Rauch, rote steht für Flammen!
Die Besucher des KFV-Herford erleben einen virtuellen Hubschrauberrundflug per VR-Brille.
(Animation: DRK-Kreisverband Herford-Stadt e.V.)
Währenddessen schreiten die technischen Möglichkeiten der VR-Ausbildung immer weiter voran. Um die Bewegungsabläufe in der virtuellen Welt zu steuern, ersetzt der DRK-Kreisverband Herford-Stadt in Kürze die Controller per Knopfsteuerung durch besonders leichte und technisch komplexe „Reha-Handschuhe“. Diese Lösung lässt den Nutzer in der virtuellen Welt Objekte so greifen, als seien sie real. „Die Technik kommt vom Militär, lässt sich aber im zivilen Bereich viel sinnvoller nutzen“, meinte Thomas Pilz. Mittlerweile bietet die Industrie erste VR-Haptik-Handschuhe an. Damit werden virtuelle Gegenstände, die der Nutzer „anfasst“ fühlbar. Möglich machen das kleine Motoren, die über verschiedene Schwingungsfrequenzen ein „haptisches Feedback“ in unterschiedlichen Intensitätsstufen erzeugen. Auf diese Weise könnte beispielsweise der Druckstoß beim Öffnen des (virtuellen) Strahlrohrs nachgestellt werden.
Holger Klann, Ausbildungsbeauftragter des Kreisfeuerwehrverbandes, und Thomas Pilz bleiben in Kontakt. „Das ist die Technik der Zukunft, und wir hoffen weiterhin auf Eure Hilfe!“, so Klann.
Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)
Für das „Classroom-System“ steht eine Schwarze Box mit WLAN-Router zur Verfügung.
15 VR-Brillen können für den virtuellen Klassenraum genutzt werden.
Das DRK verfügt über verschiedene VR-Brillen unterschiedlicher Leistungskategorien.
Ein DRK-Rettungswagen wurde mit Hilfe der Bergischen Universität Wuppertal
in ein virtuelles 3-D-Modell verwandelt.
Der DRK-Kreisverband Herford-Stadt produziert auch eigene Trainingssequenzen mittels
360-Grad-Kamera.
Nico Zimmermann übernimmt die Bearbeitung am Computer, bevor die Datenübermittlung auf die VR-Brillen erfolgt.
Kreisrotkreuzleiter Niko Dürkopp demonstriert die Desinfektion der Brillen.
Dazu kommt die Cleanbox zum Einsatz, die mit UV-C-Strahlung arbeitet.
Eine Abordnung des KFV Herford besuchte die DRK-Geschäftsstelle an der Wittekindstraße.