Rettungsdienst in Gefahr?

14. Berliner Abend der deutschen Feuerwehren

Berlin. Am Rande des  Berliner Abends (11.09.2019) haben sich DFV-Präsident Hartmut Ziebs und Dirk Aschenbrenner, Vorsitzender der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb), besorgt über die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zur Reform der Notfallversorgung geäußert. Der Gesetzentwurf sieht gemeinsame Notfallleitstellen vor, die unter der Rufnummer „112“ oder „116117“ erreichbar sind. Sie sollen künftig die Verteilung der Patienten übernehmen, um so die Notaufnahmen der Krankenhäuser zu entlasten. Ziebs warnte vor einer Vermischung der Notrufnummer mit der Debatte um den ärztlichen Notdienst. Man werde allerdings sehr gerne in den Dialog zur Systemverbesserung der medizinischen Versorgung einsteigen. Zum 14. Mal hatte der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) Bundestagsabgeordnete und Feuerwehr-Führungskräfte aus dem gesamten Land zum parlamentarischen Abend in die Feuerwache Berlin-Tiergarten eingeladen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer war der Veranstaltung erneut fern geblieben. Er ließ sich von Staatssekretär Stephan Mayer vertreten, der die Leistungen der Feuerwehrleute würdigte. „Sie leisten einen bedeutenden Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, so Mayer, „deshalb ist es die Pflicht der Politik, Ihnen alle nötigen Mittel an die Hand zu geben, um Ihren Dienst zu verrichten!“  Die Landesinnenminister Roger Lewentz (Rheinland-Pfalz) und Holger Stahlknecht (Sachsen-Anhalt), rund 100 Bundestagsabgeordnete sowie zahlreiche Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft zählten daneben zu den Gästen.

 

Der Deutsche Feuerwehrverband hat zum 14. Berliner Abend in die „Regierungsfeuerwache“ Berlin-Tiergarten eingeladen.
(Foto: DFV)

 


Staatssekretär Stephan Mayer vertritt Innenminister Horst Seehofer.
(Foto: DFV)

 


DFV-Präsident Hartmut Ziebs übt Kritik an den Plänen zur Reform der Notfallversorgung.
(Foto: DFV)  

 

Einrichtung von GNL und INZ zur Reform der Notfallversorgung?

Die Auswirkungen des Klimawandels, der ergänzende Zivilschutz und die Absicherung der Angehörigen von verstorbenen Feuerwehrleuten standen am Mittwochabend auf der Tagesordnung. Hartmut Ziebs dankte den mehr als 100 anwesenden Bundestagsabgeordneten für ihre Unterstützung, die unter anderem zu einer Erhöhung des Budgets für die Ausstattung des erweiterten Zivilschutzes um 100 Millionen Euro geführt hatte.

Der DFV-Präsident kritisierte aber auch die Pläne aus dem Bundesgesundheitsministerium zur Reform der Notfallversorgung. Deutschland verfüge über eins der europaweit vorbildlichsten Rettungsdienst-Systeme. „Dieses gut eingespielte Modell in Frage zu stellen, wäre für die Sicherheit der Bevölkerung nicht vertretbar!“ Um die Versorgung im Notfall zu verbessern, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einen Gesetzentwurf vorgelegt. Danach sollen die Rettungsdienste der Länder mit den ärztlichen Bereitschaftsdiensten und den Notfallambulanzen der Krankenhäuser künftig eng zusammenarbeiten. Die Reform sieht vor, dass Gemeinsame Notfallleitstellen (GNL) die Patienten zunächst in die „richtige Versorgungsebene“ vermitteln. Dabei kann es sich um den Rettungsdienst, ein integriertes Notfallzentrum (INZ) oder – während der Sprechstundenzeiten – eine vertragsärztliche Praxis handeln. In die Notfallzentren sollen eine zentrale Anlaufstelle, der ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung und die zentrale Notaufnahme des Krankenhauses integriert werden. Welche Krankhäuser diese Einrichtung erhielten, müssten die Länder über ihre Notfallversorgungsplanung selber festlegen, heißt es aus dem Ministerium.

Der DFV befürchtet, dass die Reform eine Verlagerung der Verantwortlichkeiten von den Kommunen auf den Bund mit sich bringe. „Sollte der Gesetzentwurf so umgesetzt werden, wäre unser Rettungsdienst in Gefahr“, so die Befürchtungen von Hartmut Ziebs.  Er hat bereits  den Bundesgesundheitsminister um ein Überdenken des Vorhabens gebeten und Gespräche mit den Beteiligten angeregt. Trotz aller Kritik gebe es an vielen Stellen Optimierungsbedarf – vor allem, wenn es um die angemessene ärztliche Versorgung außerhalb der üblichen Praxiszeiten gehe, meinte Dirk Aschenbrenner, der Chef der Dortmunder Berufsfeuerwehr und Vorsitzende der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes; denn der Rettungsdienst werde nach wie vor durch Einsätze belastet, die keine Dringlichkeit hätten. „Das geht auf Kosten akuter Notfälle!“

 


Geht es nach den Vorstellungen des Bundesgesundheitsministeriums, dann gibt es künftig Gemeinsame Notfallleitstellen,
die auf der Grundlage einer „qualifizierten Ersteinschätzung“ die „Verteilung der Patienten“ übernehmen.
Der Rettungsdienst soll dadurch entlastet werden.
(Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)

 

Waldbrandbekämpfung gemeinsam angehen

Die Feuerwehrleute sind als erstes mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert. Die Politik hat bereits reagiert: Der DFV gründete gemeinsam mit den Innenministerien der Länder einen Arbeitskreis „nationaler Waldbrandschutz“. Die Aufklärung der Bevölkerung und der Dialog mit den Waldbesitzern sind wesentliche Bausteine. „Wir müssen aber auch bei unserer Ausrüstung und bei der Ausbildung nachsteuern“, sagte Ziebs. Und Staatssekretär Stephan Mayer kündigte während des Berliner Abends an, dass eine „Koordinierungsstelle für Verfügbarkeitsmanagement“ beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) geschaffen werde. „Die Waldbrände der letzten Jahre zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, gemeinsam mit den Ländern die Waldbrandbekämpfung anzugehen!“

Der ehrenamtliche Dienst in der Feuerwehr ist mit dem besonderen Risiko verbunden, dass Feuerwehrleute verletzt werden oder gar tödlich verunglücken können. Die freiwilligen Feuerwehrleute sind durch die Unfallversicherungsträger gut abgesichert. Der DFV-Präsident wies allerdings auf eine Versorgungslücke hin, die dazu führen könne, dass unverheiratete Angehörige von verstorbenen Feuerwehrleuten finanziell nicht abgesichert seien. „Eine kleine Änderung im Paragraphen 94 des Sozialgesetzbuchs VII würde den Unfallkassen den notwendigen Spielraum verschaffen, die Lücke zu schließen!“ (Redaktion: kfv-herford.de)

 

                                                                                                                                                   -Vo-