Eine Zeitreise durch die Geschichte!

Familientag am Feuerwehrmuseum Kirchlengern-Quernheim in Häver

DSC 0329 1935Kirchlengern. Schon als Jugendlicher hat Hans Kleemeier damit begonnen, historische Feuerwehrexponate zu sammeln. Anfangs waren es Urkunden, Uniformen, Helme und Rangabzeichen, die sein Herz höher schlagen ließen. Später kamen eine Reihe von Handdruckspritzen und die ersten Feuerwehroldtimer hinzu. Das Ergebnis seiner Sammelleidenschaft umfasst heute etwa 5.000 Einzelstücke, die im Feuerwehrmuseum Kirchlengern-Quernheim in Häver bestaunt werden können. Zum Familientag am Himmelfahrtsfeiertag (10.05.2018) nutzen viele Besucher die Gelegenheit dazu.

Die „Museumsmacher“, darunter ihr Leiter Hans Kleemeier, hatten gleichzeitig zum Drehleitertreffen eingeladen. Schließlich bilden die historischen Hubrettungsfahrzeuge einen Schwerpunkt der Ausstellung auf Hof „Meier Nr.1“ in Häver. Die Pferdedrehturmleiter, die Feuerwehrpionier Conrad Dietrich Magirus im Jahr 1903 in seiner Werkstatt in Ulm an der Donau zusammenbaute, zählt dabei zu den besonderen Schätzen des Museums. Sie misst eine Länge von 23 Metern, wurde von vier Rappen zur Einsatzstelle gezogen und von sechs Feuerwehrleuten bedient. Besonders stolz ist Kleemeier aber auch auf die Drehleitern der nachfolgenden Zeitepochen. „Zwölf Exemplare, die auf eigener Achse fahren, befinden sich im Besitz des Museumsvereins!“ Der gesamte Fahrzeugbestand, so der Museumsleiter, umfasse mittlerweile 47 Feuerwehroldtimer. Dazu gehören zwei besonders schöne Magirus-Rundhauber vom Typ Drehleiter 30 (Baujahr 1958) und Drehleiter 25 plus 2 (Baujahr 1957). Gleich im Eingangsbereich zum Museumshof gibt es während des Familientags eine weitere Rarität zu sehen. Dort glänzt ein alter Hanomag mit einer 17 Meter langen Leiter von Magirus unter den spärlich vorhandenen Sonnenstrahlen. Ein Unikat, wie Kleemeier sagt. „In dieser Kombination wurde die DL 17 nur einmal im Jahr 1954 für die Feuerwehr der Stadt Greven gebaut!“ Das erste Hubrettungsfahrzeug, das der Kreis Herford in den sechziger Jahren für seine Feuerwehrzentrale in Hiddenhausen-Eilshausen beschafft hat, gehört übrigens auch zu den Ausstellungsstücken. Die Drehleiter 30 von Metz auf einem Mercedes-Benz Fahrgestell werde allerdings zurzeit in einer Fachwerkstatt instandgesetzt, erzählt der Museumsleiter. „Im Sommer ist sie wieder zu sehen. Dann feiert die Kreisfeuerwehrzentrale ihr 50-jähriges Jubiläum!“

Lippische Landesautomobildrehleiter auf der IAA in Berlin gezeigt

Die jüngste Drehleiter des Feuerwehrmuseums, eine DLK 23/12 niedriger Bauart, stammt aus dem Jahr 1993. Das kompakte Rettungsgerät - die Fahrzeughöhe beträgt gerade einmal drei Meter - hat als „Münchener Leiter“ Geschichte geschrieben und war zuletzt bei der Feuerwehr Emmerich am Rhein im Einsatz. Thomas Knauf, ein in Fachkreisen bekannter Sammler und Restaurator, war dafür mit der ältesten Drehleiter, die es am Familientag zu sehen gibt, aus Lage (Lippe) angereist. Die Landesbranddirektion Lippe hatte die „Metz-Patent-Automobildrehleiter MD 24 plus 2“ 1935 beschafft und bei der Feuerwehr Detmold stationiert. Sie gilt heute als ältestes noch voll funktionstüchtiges Feuerwehrauto im Regierungsbezirk. Damals sei die Landesautomobildrehleiter aber auch schon etwas Besonderes gewesen, ist sich Knauf sicher. „Deshalb wurde sie auf der Internationalen Automobilausstellung IAA in Berlin gezeigt!“ Der Leiterpark, der von Carl Metz aus Karlsruhe stammt, erreicht per Handauszug eine Einsatzhöhe von 24 plus 2 Metern. Die Metz-Vorbaupumpe wurde 1938 nachgerüstet. Sie leistet 1.500 Liter pro Minute bei 80 Meter Wassersäule. Erst im Jahr 1949 erhielt die Leiter ihr geschlossenes Fahrerhaus. Der Umbau wurde wiederum in Karlsruhe vorgenommen. Vier Feuerwehrleuten wehte während der Einsatzfahrt aber weiterhin der Fahrtwind um die Ohren. Sie saßen auf einer Holzbank unter dem verlängerten Dachüberstand der Fahrerkabine. Die Lipper Bevölkerung gilt bekanntermaßen als sparsam und die Erzeugnisse von Mercedes-Benz und Carl Metz (heute Rosenbauer Karlsruhe GmbH u. Co. KG) bürgen für Qualität. Anders ist wohl nicht zu erklären, dass die MD 24 plus 2 erst im Jahr 1976, also nach mehr als vierzig Jahren, ausgemustert wurde und in Privatbesitz überging. Seit 1994 befindet sich das alte Schätzchen in der Sammlung Thomas Knauf. Der erinnert sich am Donnerstag an die Restaurierung des alten Autos zurück, das zuletzt in einem Stallgebäude gestanden hatte: „Die Karosserie war noch gut in Schuss. Dafür hat die technische Instandsetzung, angefangen von der Bremsanlage bis zum Fahrzeug- und Leitergetriebe, sehr viel Zeit in Anspruch genommen.“ Knauf bezeichnet die Arbeit am Steuer des Oldtimers als „Kampf mit den Naturgewalten“. „Das Auto ist mit seinem 65-PS-Motor und einem Gesamtgewicht von sieben Tonnen wahrlich keine Rakete!“ Tempo 50 sei aber durchaus möglich und den Verbrauch hält er mit 20 Litern auf 100 Kilometern durchaus noch für akzeptabel. Übrigens rückte die Landesautomobildrehleiter anno dazumal mit einem Anhänger aus, auf dem sich die Landesautomobilspritze befand. Deshalb verfügt der Wagen hinter der Schlauchhaspel mit den großen Holzrädern über eine Anhängerkupplung.

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Die Metz-Patent-Automobildrehleiter MD 24 plus 2“ gilt heute als ältestes noch voll funktionsfähiges Feuerwehrfahrzeug im Regierungsbezirk Detmold.

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Sie wurde 1935 von der Landesbranddirektion Lippe angeschafft und hatte zunächst ein offenes Fahrerhaus.

Im Wittekindsland zuverlässig ihren Dienst geleistet

Wer am Himmelfahrtsfeiertag auf dem weitläufigen Museumsgelände unterwegs ist, kann einige Feuerwehrfahrzeuge entdecken, die über viele Jahre im Wittekindsland im Einsatz waren. Dazu gehören das alte Tragkraftspritzenfahrzeug vom Typ Ford Taunus-Transit der Feuerwehr Enger (Baujahr 1963), der VW-Transporter (T 2) der „Werkfeuerwehr Arnold André Bünde i.W.“ (Baujahr 1973) und das Löschgruppenfahrzeug 8 „Leicht“, ein Mercedes O 319 mit Ziegler-Ausbau, das von 1963 bis Mitte der 1990er Jahre bei den Löschgruppen Kirchlengern und Kirchlengern-Mitte zuverlässige Dienste leistete. Auch das alte Tanklöschfahrzeug 15 der Feuerwehr Vlotho mit Metz-Aufbau (Baujahr 1955) ist in Kirchlengern wiederzufinden. Zuletzt hatte der Wagen bei den Fahrten hinauf auf den Winterberg mächtig geschnauft. Die Vlothoer Wehrleute hatten ihr betagtes Gefährt daraufhin liebevoll „Röchel-Ete“ getauft.

Frischluft mit dem Blasebalg zugeführt

Die Feuerwehrhistorische Ausstellung auf Hof „Meier Nr.1“ haben die Museumsmacher mit viel Liebe zum Detail gestaltet. In einer Zeitreise wird die Geschichte des Feuerlöschwesens vom ledernen Löscheimer aus dem 19. Jahrhundert bis zum Löschfahrzeug mit Blau- und Martinshorn der 1960er Jahre greifbar. Unter den etwa 5.000 Exponaten befinden sich zahlreiche Spritzen. Die ältesten Exemplare haben noch keine Ansaugvorrichtung. Sie wurden per Eimerkette von möglichst vielen Helfern mit Wasser versorgt. Anschließend bedienten acht Leute, vier an jeder Seite, mit Muskelkraft den Pumpenschwengel, bis ihnen die Puste ausging. Zu den Schmuckstücken der Ausstellung zählen die Handdruckspritzen der Feuerwehr Bünde-Holsen, die von der Feuerlöschgerätefabrik Flader in Jöhstadt (Sachsen) gebaut wurde und die Koebe-Motorspritze „Triumph“ der Feuerwehr Herford-Hiddenhausen aus den 1920er Jahren. Ein weiteres Kapitel der Ausstellung widmet sich dem Atemschutz. Lange Zeit waren die Wehrleute ohne Schutz vor dem schädlichen Rauch in ein brennendes Gebäude vorgerückt. Das änderte sich erst zum Ende des 19. Jahrhunderts mit der Entwicklung von ledernen Helmen, die den ganzen Kopf umschlossen und vorne ein Sichtfenster besaßen. Mit Hilfe eines fuß- oder handbetätigten Blasebalgs wurde dem Rauchhelmträger über einen langen Schlauch die Frischluft zugeführt. Die Ausstellung zeigt einen solchen König’schen Rauchhelm – benannt nach seinem Erfinder, Brandmeister König von der Feuerwehr Hamburg-Altona. Das dunkle Kapitel deutscher Geschichte spart die Ausstellung ebenfalls nicht aus: Im Dritten Reich war die Feuerwehr ein der Polizei untergeordnetes staatlichen Organ. Auf der Deele des Meierhofes ist ein Tragkraftspritzenanhänger im Tannengrün der „Feuerschutzpolizei“ zu sehen. Daneben steht eine lebensgroße Schaufensterpuppe in einer grünen Hauptwachtmeisteruniform.

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Die Handdruckspritze der Feuerwehr Bünde-Holsen aus dem Jahr 1909 und ...

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... die Koebe-Motorspritze der Feuerwehr Herford-Hiddenhausen aus den
1920er Jahren spiegeln gut den Stand der Technik der damaligen Zeit wieder.

100.000 Arbeitsstunden in Eigenleistung investiert

Lange Jahre war das Feuerwehrmuseum Kirchlengern, das von einem Förderverein mit 160 Mitgliedern getragen wird, im Keller der Grundschule in Quernheim untergebracht. Schon bald waren diese Räumlichkeiten nicht mehr ausreichend, um die gesamte Sammlung der Öffentlichkeit zu präsentieren. Im Jahr 2003 erfolgte schließlich der Umzug auf den Bauernhof „Meier Nr.1“ in Häver. Mit viel Eigeninitiative verwandelten die Vereinsmitglieder das alte Gehöft in ein Feuerwehrmuseum. Mehr als 100.000 Arbeitsstunden seien auf diese Weise zusammengekommen. „Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen“, sagt Hans Kleemeier nicht ohne Stolz. Am Himmelfahrtsfeiertag überzeugten sich zahlreiche Besucher, die größtenteils mit Fahrrädern in Hävers landschaftlich reizvoller Umgebung unterwegs waren, von dem beeindruckenden Ergebnis.

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)

Feuerwehrmuseum Kirchlengern-Quernheim in Häver
Häverstraße 188
32278 Kirchlengern
Öffnungszeiten:
An jedem ersten und letzten Sonntag im Monat von 11 bis 17 Uhr

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Das Feuerwehrmuseum Kirchlengern-Quernheim in Häver hat am Himmelfahrtsfeiertag seine Türen geöffnet.

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Viele Bürger nutzen die Gelegenheit zu einem Besuch.

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Die Pferdedrehturmleiter von C. D. Magirus aus dem Jahr 1903 zählt zu den besonderen
Schätzen des Museums.

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Formschöne Magirus-Rundhauber: Drehleiter 30 (Baujahr 1958) im Vordergrund und
...

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... Drehleiter 25 plus 2 (Baujahr 1957)

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Drehleiter 17 von Magirus auf einem Hanomag-Fahrgestell (Baujahr 1954).

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Das Fahrzeug, das in Diensten der Feuerwehr Greven stand, ist ein Unikat.

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Es wurde in dieser Kombination nur ein einziges Mal gebaut.

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Eine Drehleiter 23/12 niedriger Bauart ist das jüngste Fahrzeugim Museumsfuhrpark.
Sie wurde von Magirus entwickelt und hat als „Münchener Leiter“ Geschichte
geschrieben.

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Die einstige Landesautomobildrehleiter war bis 1976 in Lippe im Einsatz und gehört
heute zur feuerwehrhistorischen Sammlung Thomas Knauf.

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Ihre solide Drehleitertechnik stammt von Carl Metz aus Karlsruhe.

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Die Vorbaupumpe von Metz wurde 1938 nachgerüstet.

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Erst im Jahr 1949 erhielt die Leiter ihr geschlossenes Fahrerhaus.

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Die Mannschaft musste sich aber weiterhin mit einer Holzbank begnügen,
die sich unter dem verlängerten Dachüberstand befindet.

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Arbeitsplatz des (Kraft-) Fahrers

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Einige Vorkriegsautomodelle hatten eine andere Pedalanordnung. Deshalb sind
das Kupplungs- und Bremspedal mit „K“ und „B“ beschriftet.

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Jedes Detail stimmt: Armwinker als Fahrtrichtungsanzeiger, Arbeitsstellenscheinwerfer
und Rasselwecker, zur Warnung der übrigen Verkehrsteilnehmer.

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Drehleiter 25 h (für hydraulisch) von Metz auf einem Fahrgestell von Mercedes-Benz.
Der Oldi-Club „BtFN“ hat das ehemalige Einsatzfahrzeug der Feuerwehr Espelkamp mit nach Kirchlengern gebracht.

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Mercedes-Benz LP 813 in der Version Drehleiter 22 h (für hydraulisch). Das
ehemalige Einsatzfahrzeug der Berufsfeuerwehr Wolfsburg gehört heute zum Bestand
des Feuerwehrmuseums Salzbergen.

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Ford Taunus-Transit (Ausbau Schlingmann), der 1963 für die Feuerwehr Enger
angeschafft wurde.

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VW-Transporter der „Werkfeuerwehr Arnold André Bünde i.W.“ (Baujahr 1973)

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Löschgruppenfahrzeug 8 „Leicht“ (Baujahr 1963), mit dem die Löschgruppe
Kirchlengern-Mitte noch bis Mitte der 1990er Jahre ausrückte.

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Tanklöschfahrzeug 15 der Feuerwehr Vlotho (Baujahr 1955)

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Rundhauber-Magirus (Baujahr 1954), der einst als Hilfsrüstwagen bei der Feuerwehr
St. Wendel im Saarland unterwegs war.

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Ebenfalls ein seltener Anblick: Löschgruppenfahrzeug 8 von Bachert auf Opel-Blitz-
Fahrgestell aus dem Jahr 1951.

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Der Museumsverein hat die Ausstellung auf „Hof Meier Nr.1“ mit viel Liebe zum
Detail zusammengestellt. Einige Feuerwehruniformen stammen noch aus der Kaiserzeit.

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Atemschutz anno dazumal: Rauchhelmträger dem ...

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... mittels Blasebalg Frischluft zugeführt wird.

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Die Zeit des Nationalsozialismus wird nicht ausgespart: Auf der Museums-Deele
ist ein Tragkraftspritzenanhänger im Tannengrün der „Feuerschutzpolizei“ ausgestellt.

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Gleich daneben steht ein Hauptwachtmeister in grüner Polizeiuniform.

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So mag ein Kradmelder auf einer 125er-DKW in den 1950er Jahren unterwegs
gewesen sein.

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„Hof Meier Nr.1“ in Häver ist seit 2003 der neue Standort des Feuerwehrmuseums.
Mehr als 10.000 Arbeitsstunden sind in den Umbau des alten Bauernhofes geflossen.