Hochwasser, Orkane, Hitzewellen: Die Vorboten des Klimawandels!?

Beim Bevölkerungsschutz sind viele Behörden und alle Hilfsorganisationen gefordert.

DSC 0144Fachleute sprechen vom größten Feuerwehreinsatz in der Geschichte der Bundesrepublik. 82.000 Wehrleute, davon alleine 3.000 aus Nordrhein-Westfalen, sollen im Juni 2013 Seite an Seite mit den Helfern der Bundeswehr, des THW und der übrigen Hilfsorganisationen in den Überflutungsgebieten an Donau und Elbe im Einsatz gewesen sein. Das Hochwasser, das ein ganzes Land wochenlang in Atem gehalten hat und dessen Folgen erst jetzt überall sichtbar werden, scheint in bitterer Weise eine ganze Reihe von Unwetterkatastrophen fortzusetzen. Angesichts solcher Großschadenslagen bestehe in Deutschland die Notwendigkeit, Anpassungsmaßnahmen im Bevölkerungsschutz zu entwickeln, heißt es vom Umweltbundesamt.

Das Elbehochwasser 2002, der Hitzesommer 2003, der Orkan Kyrill im Winter 2007 und jetzt das „Große Hochwasser 2013“: Extreme Wetterlagen haben gerade in den letzten Jahren zugenommen. Sie gefährden Menschen,  zerstören die Infrastruktur und verursachen dadurch Milliardenschäden. Der Druck auf die Hilfsorganisationen, wie die Feuerwehr, könnte sich nach Ansicht der Experten weiter erhöhen. Die Wetterextreme, die sich gerade in den letzten zehn Jahren in Deutschland ereignet haben,  werden von den Forschern noch nicht als direkte Folgen des langfristigen Klimawandels gesehen. Doch schon heute zeigen solche Ereignisse, wie verwundbar unsere moderne Gesellschaft ist und welche Risiken künftig wohl noch zu erwarten sind. Das Elbehochwasser im Jahr 2002 forderte in Sachsen 21 Menschenleben. Die gesamtwirtschaftlichen Schäden der Flutkatastrophe lagen hierzulande bei 9,4 Milliarden Euro. Infolge des Orkans Kyrill waren von der deutschen Versicherungswirtschaft über 2,3 Millionen Schäden zu regulieren. Im Jahr 2005 verursachten die großen  Überschwemmungen an Elbe, Moldau, Donau und ihren Nebenflüssen europaweit volkswirtschaftliche Schäden von 18,5 Milliarden Euro. Nun versucht die Bundesregierung die Folgen der Flutkatastrophe 2013 mit einem Achtmilliarden-Hilfspaket in den Griff zu bekommen.

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Schlottwitz (Sachsen) 2002: Das Hochwasser der Müglitz, einem Nebenfluss der Elbe,
richtet in dem kleinen Ort im Osterzgebirge schwere Zerstörungen an. (Foto: Harald Weber)

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Schönebeck (Sachsen-Anhalt) 2013: Das Hochwasser der Elbe hat Teile der Altstadt überflutet. (Foto: J. Vogelsang)

Hitzewellen, wie etwa im Sommer 2003, bringen enorme gesundheitliche Belastungen mit sich und können viele Todesopfer fordern. So sollen im Hitzesommer 2003 alleine in Deutschland rund 7.000 Menschen an Erkrankungen als Folge hitzebedingter Belastungen verstorben sein (zum Vergleich: In Deutschland starben im Jahr 2003 6.613 Menschen im Straßenverkehr). Was es bedeutet, wenn Klimaanlagen nicht für heftige Hitzeperioden ausgelegt sind, konnte die Öffentlichkeit im Juli 2010 erleben, als in zahlreichen ICE-Zügen die Klimaanlagen schlapp machten. Die Kühlaggregate waren nur bis 32 Grad Außentemperatur ausgelegt. Passagiere fielen in Ohnmacht oder gerieten in Panik, nachdem die Temperatur in den Waggons auf über 50 Grad angestiegen war.


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Hitzesommer 2010: Die Klimaanlagen der ICE-Züge sind überfordert und machen schlapp.
In den Waggons steigen die Temperaturen teilweise auf über 50 Grad.
Reisende kollabieren und müssen ärztlich behandelt werden. (Foto: J. Vogelsang)

Künftig, so warnen Experten, könnte es verstärkt zu Naturextremen kommen, die möglicherweise auch parallel auftreten. Überschwemmte Straßen, unterspülte Gleisanlagen und gekappte Stromleitungen hätten unter Umständen Versorgungsengpässe zur Folge. Zudem könnten Hitzewellen die Rettungs- und Behand¬lungskapazitäten bis an ihre Belastungsgrenze führen. Durch Niedrigwasser und hohe Wassertemperaturen stände möglicherweise auch nicht mehr ausreichend Kühlwasser für die großen Kraftwerke im Lande zur Verfügung. Schon jetzt scheint sicher: Der Druck auf die Hilfsorganisationen wird sich wohl in jedem Fall weiter erhöhen; denn die höheren Einsatzzahlen werden bei den Helfern zwangsläufig zu größeren physischen und psychischen Belastungen führen. „Die Einsatzszenarien müssen daher überdacht und die Kapazitäten angepasst werden“, heißt es in einem Themenblatt vom Umweltbundesamt, „damit die Systeme und Strukturen des Bevölke¬rungsschutzes auch im Fall von Belastungsspitzen sicher funktionieren!“ Die Verantwortlichen setzen dabei auf Risikoanalysen und fachübergreifende Kooperationen. Beispiele guter Zusammenarbeit sind die Behördenkooperation zur Anpassung im Bevölkerungsschutz, bestehend aus dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Umweltbundesamt (UBA), Deutschem Wetterdienst (DWD) und der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW). Darüber hinaus gibt es die Arbeitsgruppe „Klimawandel und Anpassung im Katastrophenschutz“ der bundesweit aktiven Hilfsorganisationen, der Freiwilligen Feuerwehren und Berufsfeuerwehren sowie des THW und des BBK.  Die Notwendigkeit zur Anpassung an den Klimawandel sei dabei noch nicht bei allen Behörden und Hilfsorganisationen des Bevölkerungsschutzes erkannt worden, heißt es vom Umweltbundesamt.
Christoph Unger, Präsident des BBK, forciert in diesem Zusammenhang den Ausbau eines flächendeckenden Warnsystems. Das Bundesamt stellte am 12. September 2012 in der Zivilschutzverbindungsstelle Kalkar in Uedem, gemeinsam mit dem Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW und der Berufsfeuerwehr Köln, die Entwicklung des Modularen Warnsystems (MoWaS) von Bund und Ländern vor. Bereits seit 2001 hält der Bund das Satellitengestützte Warnsystem (SatWaS) zur Warnung der Bevölkerung im Spannungs- und Verteidigungsfall vor. Mit diesem Kommunikationssystem werden mehr als 160 Rundfunkanstalten, Internetanbieter und Paging-Dienste (Funkrufdienste) erreicht und Warnmeldungen können so mit sehr kurzer Übertragungszeit und hoher Priorität versendet werden. Auf Basis von SatWaS entwickeln Bund, Länder und Kommunen gemeinsam das neue Modulare Warnsystem (MoWaS), das auch bei regionalen Gefahren wie Sturm, Hochwasser oder Chemieunfällen zur Warnung der Bevölkerung eingesetzt werden kann. Durch den modularen Aufbau und ein standardisiertes Übertragungsprotokoll kann das System schon vorhandene, aber auch künftige Warn-Technologien und „bürgernahe Kommunikationsmedien des Alltags“, wie Sirenen, Rauchwarnmelder und Smartphones, ansteuern. Bis Ende 2013 wird in allen Bundesländern je ein Redundanz-Standort mit dem neuen System ausgestattet. Ergänzend werden die in den Lagezentren der Innenministerien der Länder bestehenden SatWaS Sende- und Empfangssysteme auf MoWaS umgerüstet. Der weitere Ausbau des Netzes ist dann Ländersache. Doch dort fehlt bekanntermaßen das Geld. Ob der von Unger geforderte Ausbau des MoWaS-Netzes deshalb zügig vorangehen wird, bleibt fraglich. Eine weitere Aufgabe des Bevölkerungsschutzes sieht Unger darin, die „Selbsthilfefähigkeit“ der Bevölkerung zu verbessert. Die Menschen sollten sich selber helfen und gegenseitig unterstützen können, ehe professionelle Hilfe eintreffe.

-Vo-
(Quellen: Bundesumweltamt, Bundesamt für Bevölkerungsschutz u. Katastrophenhilfe, VdF NRW)


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Kyrill 2007: Umgeknickter Freileitungsmast bei Magdeburg-Ottersleben. (Foto: Olaf2)

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Kyrill 2007: Zerstörte Autos in Berlin-Lichterfelde (Foto: Manuel Krueger-Krusche)

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Klimaforscher warnen vor den Folgen der Erderwärmung (Foto: Muns)

Stichwort: Klimawandel

Von 1881 bis 2009 ist die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland um 1,1 Grad Celsius gestiegen. Sie könnte am Ende dieses Jahrhunderts nochmals um 2 bis 4 Grad höher liegen als heute. Die steigenden Temperaturen werden vermutlich mehr und stärkere Hitzeperioden bringen. Messungen an einzelnen Stationen des Deutschen Wetterdienstes zeigen: Seit 1950 hat sich die Anzahl von Sommertagen (Tage mit einem Temperaturmaximum von 25 Grad und darüber) mehr als verdoppelt. Bis zur Mitte des Jahrhunderts sei mit einer Zunahme von etwa 15 bis 27 zusätzlichen Sommertagen pro Jahr für die Regionen Sachsen-Anhalt und Brandenburg zu rechnen.

-Vo-


Stichwort: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK)

Der Bevölkerungsschutz beschreibt als Oberbegriff alle Maßnahmen der Kommunen und der Länder im Katastrophenschutz sowie des Bundes im Zivilschutz. Er umfasst damit alle nichtpolizeilichen und nicht-militärischen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Um die vorhandenen Hilfspotenziale des Bundes und der Länder, also vornehmlich Feuerwehren und Hilfsorganisationen, besser miteinander zu verzahnen, wurde das BKK mit Sitz in Bonn gegründet. Das neue Bundesamt hat am 1. Mai 2004 seine Arbeit aufgenommen. In Deutschland gibt es damit ein zentrales Organisationselement für die „Zivile Sicherheit“, das alle einschlägigen Aufgaben an einer Stelle bündelt. Der zivile Bevölkerungsschutz soll nach den Vorstellungen des Bundesinnenministeriums als „vierte Säule“ (neben Polizei, Bundeswehr und Diensten) im nationalen Sicherheitssystem verankert werden.

-Vo-

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Leitzentrale der Zivilschutzverbindungsstelle in Kalkar (Foto: © BKK)