Fahrzeug des Monats
Juli 2023
Löschflugzeug Air Tractor AT 802 F
Standort: Regionalflughafen Braunschweig-Wolfsburg, Lilienthalplatz, Braunschweig
Technische Daten
Hersteller | Air Tractor (Olney, Texas/USA) |
Typ | AT 802 F |
Antrieb | 1 x Propellerturbine („Turboprop-Triebwerk“) - Typ Pratt u. Whitney Canada PT6A-67AG - Leistung: 993 kW (rd. 1.350 PS) bei 1.700 U/min - Fünfblatt-Propeller (Typ Hartzell/USA HC-B5MA-3D) |
Fahrwerk | dreirädrig (feststehend) |
Reisegeschwindigkeit (leer) | 330 km/h (200 mph) |
Arbeitsgeschwindigkeit | 200 km/h (125 mph) |
Höhe (max.) | 8.234 m (Dienstgipfelhöhe) |
Kraftstofftank | 962 l (254 US gal.) |
Reichweite | rd. 1.300 km (800 Miles) |
Abmessungen | 10,88 m (L), 18,04 m (Spannweite) |
Flügelfläche | 37,29 qm |
Propeller-Durchmesser | 3 m |
Gesamtgewicht | rd. 7,3 t (davon Nutzlast: rd. 4 t) |
Startstrecke/ Landestrecke |
610 m (voll) 244 m (leer) |
Löschwasserbehälter | ca. 3.100 l (820 US gal.) |
Schaummittelbehälter | 68 l (18 US gal.) |
Besatzung | 1 Pilot |
Produktionszeitraum | seit 1993 |
Anschaffungskosten | rd. 2 Mio. Euro (rd. 2,2 Mio. Dollar) |
sonstiges | 2 Maschinen dieses Typs sind am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg zunächst befristet stationiert. Sie gehören zur RescEU-Flotte und werden von einer spanischen Firma betrieben und gewartet. |
(Fortsetzung von der Startseite)
Den Air Tractor AT 802 F halten Experten für eines der besten Löschflugzeuge, das derzeit auf dem Markt zu bekommen ist. Eine große Propellerturbine des kanadischen Herstellers Pratt und Whitney (Typ PT6A-67AG) sorgt für den Antrieb. Das Turboprop-Triebwerk (Kosten rd. eine Million Euro) besteht aus einer Gasturbine. Sie treibt den mächtigen Hartzell-Fünfblatt-Propeller mit drei Metern Durchmesser an. Der austretende Abgasstrahl sorgt für zusätzlichen Schub. Das kraftvolle Triebwerk mit einer Leistung von 1.350 PS lässt die Maschine schnell auf eine Reiseflughöhe von 2.500 Metern steigen, wo sie mit 330 Stundenkilometern unterwegs ist. Die AT 802 F ist ein Tiefdecker, d.h. die Flugzeugflügel mit einer Spannweite von rund 18 Metern und einer Fläche von über 37 Quadratmetern, befinden sich an der Rumpfunterseite. Das feststehende Fahrwerk besteht aus den beiden Haupträdern und dem hinteren Spornrad. Der Löschwassertank fasst rund 3.100 Liter. Das Fassungsvermögen des Schaumtanks beträgt 68 Liter. Vollbeladen, also einschließlich Löschwasser, wiegt die AT 802 F rund 7,3 Tonnen. Sie ist dann mit einer Arbeitsgeschwindigkeit von rund 200 Stundenkilometern unterwegs.
Die kleine Ein-Propeller-Maschine hat gegenüber großen Löschflugzeugen Vorteile bei der Vegetationsbrandbekämpfung: Sie benötigt vollbeladen eine Startstrecke von gerade einmal 610 Metern. Durch ihre gute Manövrierfähigkeit kann die Ladung mit niedriger Geschwindigkeit punktgenau über der Brandstelle abgeworfen werden. Anders als eine Canadair (Redaktion: kfv-herford.de stellte die Maschine als Fahrzeug des Monats 10/2022 vor) ist der Air Tractor auch in schwerem Terrain, wie etwa in engen Tälern, einsetzbar. Notfalls startet der Pilot mit dem robusten, einsitzigen Kleinflugzeug auf Schotter- oder Graspisten. Außerdem hat die Maschine verglichen mit ihrer Größe überproportional viel Löschwasser an Bord.
Als die Mitarbeiter des amerikanischen Agrarflugzeug-Herstellers Air Tractor den ersten Prototyp der AT 802 im Jahr 1990 aus der Produktionshalle im texanischen Olney schoben, waren sie skeptisch. „Mehr als zehn oder zwölf Stück werden wird davon wohl nicht verkaufen“, soll der mittlerweile verstorbene Firmengründer Leland Snow gesagt haben. Doch er irrte sich; denn der große 3.000 Liter fassende Tank machte den „Luft-Traktor“ nicht nur als Sprühflugzeug für die Landwirtschaft interessant. Mittlerweile wurde die 1.000. Maschine ausgeliefert. Mit dem Air Tractor 802 Fire Boss hat das Unternehmen eine weitere Version für die Vegetationsbrandbekämpfung in das Programm aufgenommen. Dieses Flugzeug kann nach dem Vorbild der Maschinen von Canadair auf einem See aufsetzen und das Löschwasser direkt aufnehmen.
Erstmals sind Löschflugzeuge der RescEU-Flotte in Deutschland stationiert. Es handelt sich um zwei Maschinen des Typs Air Tractor AT 802 F, die jeweils rund 3.100 Liter Löschwasser an Bord haben. (Foto: Niedersächsisches Ministerim für Inneres und Sport)
Niedersächsische Einheit, spanischer Betreiber, europaweiter Einsatz
Niedersachsen zählt nach Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg zu den waldreichsten Bundesländern. Alleine 16 Waldbrände gab es im vergangenen Jahr im Nationalpark Harz zu verzeichnen, der sich über die Bundesländer Niedersachsen und Sachsen-Anhalt erstreckt. Das größte Feuer wütete im September eine Woche lang. Vor diesem Hintergrund sind am Regionalflughafen Braunschweig-Wolfsburg nun zwei Löschflugzeuge vom Typ Air Tractor AT 802 F stationiert. Das Unternehmen „Titan firefighting company S.L.“ mit Sitz in Spanien, seit 1965 als Flugzeugwartungsbetrieb und Anbieter von Flugdienstleistungen am Markt, betreibt die Maschinen und ist auch für ihre Wartung zuständig. Die Crew besteht aus vier Piloten und vier Mechanikern, die von zehn Uhr morgens bis zum Sonnenuntergang an sieben Tagen die Woche zur Verfügung stehen. Der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg ist der Hauptstützpunkt (Main Base). Daneben sind der Flugplatz Leer-Papenburg und der militärische Standort Faßberg als weitere Standorte (Secondary Bases) vorgesehen, wo die Flugzeuge bei Bedarf starten und landen können. In Leer wird ein 50.000 Liter fassender Wasserbehälter installiert, um die Flugzeugtanks mit Hilfe der örtlichen Feuerwehr aufzufüllen.
Mit den beiden Maschinen werden erstmals Löschflugzeuge der RescEU-Flotte in Deutschland vorgehalten. Am 19. Juni 2023 begrüßten Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens die „Löschflugzeugstaffel“ in Braunschweig. „Wir werden die Länder mit den Hubschraubern der Bundespolizei, mit dem Technischen Hilfswerk und auch der Bundeswehr weiterhin mit aller Kraft bei der Waldbrandbekämpfung unterstützen“, erklärte Faeser.
Bürokratische Hürden
Die Alarmierung der RescEU-Einheiten unterliegt einem „strikten Meldeweg“. Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Center ERCC) in Brüssel/Belgien entscheidet im Rahmen des EU-Zivilschutz-Mechanismus (Union Civil Protection Mechanism UCPM), wann und wo die Löschflugzeuge in Deutschland und dem europäischen Ausland zum Einsatz kommen. Anforderungen aus Niedersachsen werden vom Kompetenzzentrum Großschadenslagen (KomZ) am Innenministerium nach Brüssel weitergeleitet. Der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) begrüßt die Stationierung der Löschflugzeuge und übt gleichzeitig Kritik. Deutschland sei im Kampf gegen Waldbrände schlecht aufgestellt. Das größte Problem seien für die Feuerwehren vor Ort die bürokratischen Hürden, die es zu überwinden gelte, um die Hilfe aus der Luft anzufordern.
Der Einsatz der beiden Maschinen am Regionalflughafen Braunschweig-Wolfsburg ist zunächst bis zum 31. Oktober 2023 vorgesehen. 75 Prozent der Kosten in Höhe von etwa 2,4 Millionen Euro übernimmt die Europäische Union. Für den Restbetrag kommen der Bund und das Land Niedersachsen auf. Das Projekt soll nach Möglichkeit im kommenden Jahr fortgeführt werden. Die Ausschreibung durch das Land Niedersachsen sieht eine entsprechende Option der Verlängerung vor. (Redaktion: kfv-herford.de)
-Vo-
Ein leistungsstarkes Turboprop-Triebwerk mit 1.350 PS treibt den riesigen Propeller (Durchmesser drei Meter) an. (Foto: Niedersächsisches Ministerim für Inneres und Sport)
Die Maschinen werden von einem spanischen Unternehmen betrieben. Ihr Einsatz ist zunächst bis Oktober 2023 befristet. (Foto: Niedersächsisches Ministerim für Inneres und Sport)
Blick in das Cockpit des einsitzigen Fliegers. (Foto: Niedersächsisches Ministerim für Inneres und Sport)
Ein Air Tractor versprüht seine Ladung punktgenau über der Brandstelle. (Foto: Daniel VG, Wikipedia)
Die Piloten stehen während der Waldbrandsaison von zehn Uhr morgens bis Sonnenuntergang bereit, um im Notfall Löschmaßnahmen aus der Luft durchzuführen. (Foto: Bundesinnenministerium / Scheffen)
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens und Dr. Thorsten Kornblum, Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig, begrüßen die Crew der Löschflugzeuge auf dem Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. (Foto: Niedersächsisches Ministerim für Inneres und Sport)
Hinweis: Der KFV Herford benötigt ständig interessante Fahrzeugfotos der Feuerwehr und übrigen Hilfsorganisationen zur Aktualisierung seiner Internetseite. Bildzusendungen unter Nennung des Urhebers an: