Fahrzeug des Monats
November 2021
Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeug 20 (HLF 20)
Einsatzfahrzeug der Feuerwehr Hiddenhausen
Standort: Löschzug Eilshausen, Königsberger Str. 9, Hiddenhausen
Funkrufname (OPTA): Florian Hiddenhausen 01-HLF 20-01
Technische Daten
Fahrgestell (Hersteller) |
Mercedes-Benz |
Typ |
Atego 1630 AF 4x4 |
Motor |
6-Zylinder Dieselmotor (Euro 6) |
Hubraum |
7,7 l |
Leistung |
300 PS (220 kW) |
Antriebsart/Radformel |
4x4 (Allradantrieb) |
Getriebe |
automatisiertes Schaltgetriebe (mit Feuerwehrprogramm) |
Höchstgeschwindigkeit |
100 km/h |
Abmessungen |
8,55 m (L), 2,50 m (B), 3,30 m (H) |
zul. Gesamtgewicht |
16 t |
Ausbau/Ausrüstung |
Schlingmann GmbH u. Co. KG, Dissen a.T.W. (Nds.)
Aufbau Pumpe
Beladung (auszugsweise) - luftgedämpftes Stativ Geräteraum 3 Geräteraum 4 Geräteraum 5 Geräteraum 6 Beleuchtung/Sicherheitseinrichtungen - 2 x LED Spotlight (auf vorderen Ecken des Aufbaus) Sondersignalanlage |
Besatzung |
1/8 (Gruppe) |
Baujahr/Indienststellung |
10/2021 |
amtl. Kfz-Kennzeichen |
HF-GH 2019 |
Anschaffungskosten |
rd. 400.000 Euro |
(Fortsetzung von der Startseite)
Am Donnerstagabend (28.10.2021) hatte das Warten ein Ende. Um kurz nach 17 Uhr traf die Feuerwehrabordnung mit dem neuen Hilfeleistungslöschfahrzeug 20 – oder kurz HLF 20 – am Gerätehaus an der Königsberger Straße ein. Feuerwehrleute, Freunde und Förderer des Löschzugs nahmen das Auto sofort in Augenschein. Bürgermeister Andreas Hüffmann und Ordnungsamtsleiterin Inge Beeskau ließen sich die moderne Technik ebenfalls erklären. Feuerwehrfahrzeuge sind zumeist Unikate, die in aufwendiger Handarbeit entstehen. Entsprechend lang sind die Lieferzeiten. Die erste Baubesprechung für das neue HLF 20 des Löschzugs Eilshausen hatte bereits im Mai vergangenen Jahres beim Unternehmen Schlingmann stattgefunden. „Die letzten Kleinigkeiten haben die Mitarbeiter kurz vor unserer Abfahrt aus Dissen erledigt“, sagte Bernd Gante.
Die Feuerwehr Hiddenhausen hat ein neues Hilfeleistungslöschfahrzeug 20 in Dienst gestellt. Mercedes-Benz lieferte das Fahrgestell vom Typ Atego.
Feuerwehrausrüster Schlingmann aus Dissen a.T.W. fertigte den Aufbau nach seinem „Varus-Konzept“.
Wehrführer Mario Daume (l) und Löschzugführer Bernd Gante zeigen sich während der Fahrzeugpräsentation hoch zufrieden.
Ein Varus für höchste Ansprüche.
Das jüngste Auto im Fuhrpark der Feuerwehr Hiddenhausen basiert auf einem Allradfahrgestell von Mercedes-Benz (Typ Atego 1630 AF 4x4) mit 300 PS und automatisiertem Schaltgetriebe samt Feuerwehrprogramm. Das filigrane Design des Atego-Fahrerhauses, die bis zum Boden reichenden Rollladenverschlüsse der vorderen Geräteräume und die zwillingsbereifte Hinterachse lassen das Fahrzeug trotz seiner Länge von 8,55 Meter bullig und kompakt erscheinen. „Varus“ heißen die Einsatzfahrzeuge aus dem Hause Schlingmann. Der Name soll wohl in Anspielung auf die Varus-Schlacht im Teutoburger Wald – damals, vor über 2000 Jahren siegten die Germanen über die Römer - die Überlegenheit der Technik im Kampf gegen die Einsatzgefahren zum Ausdruck bringen.
Die auf maximale Breite gezogene Mannschaftskabine bietet Platz für neun Einsatzkräfte. Angriffs- und Sicherheitstrupp können sich bereits auf der Anfahrt mit Atemschutzgeräten ausrüsten. Drei rutschfeste Gitterroststufen, die beim Öffnen der Tür pneumatisch ausfahren, gewährleisten einen sicheren Ein- und Ausstieg. Der Aufbau verfügt über sechs seitliche Geräteräume aus rostfreien Edelstahlspezialprofilen, was maximale Stabilität bei geringem Gewicht und hohen Korrosionsschutz garantiert. Auf Knopfdruck fahren auf beiden Fahrzeugseiten Trittbretter aus, die zusammen mit den ausziehbaren Gitterrostbohlen stufenlose Podeste bilden, sodass die Beladung sicher entnommen werden kann.
Ausrüstung muss nicht mühsam zusammengesucht werden
Das neue HLF punktet durch seine Übersichtlichkeit. So sind die Geräte und Armaturen einsatzbezogen verstaut. Rückt die Mannschaft beispielsweise zu einem Zimmerbrand aus, dann findet der Angriffstrupp seine komplette Ausrüstung für den Erstangriff im Geräteraum 5. Dazu zählen unter anderem Schlauchpaket, bestehend aus einem 30 Meter langen C-Schlauch, Spezialwerkzeug (Halligan-Tool) und mobiler Rauchverschluss. Auch der Sicherheitstrupp rüstet sich an dieser Stelle aus. Alles sei sofort griffbereit und müsse nicht zeitraubend zusammengesucht werden, erläutert Bernd Gante. „Die logische Zusammenstellung der Beladung war ein ausdrücklicher Wunsch der Mannschaft!“ Im Geräteraum 1, der begehbar ist, befinden sich auf der vorderen (Primär-) Ebene die hydraulischen Rettungsgeräte. Spreizer (Typ Lukas SP 310) und Schere (Typ Lukas S 700) sowie die Rettungszylinder in unterschiedlichen Größen wurden vom Vorgängerfahrzeug übernommen. Auf der hinteren (Sekundär-) Ebene ist die weitere Beladung für die Technische Hilfe zu finden. Die Ausrüstung, darunter Elektro- und Schornsteinfeger-Werkzeuge, Hebe- und Dichtkissen sind ebenfalls einsatzbezogen in sogenannten Fire-Boxen verstaut. Im Geräteraum 3 lagert das Sprungpolster (SP 16) in einer ausklappbaren Mulde, die durch Gasdruckdämpfer gesichert ist. Die große Werkzeugkiste im Gerätefach darunter kann genutzt werden, ohne dass sie aus dem Fahrzeug geräumt werden muss. Möglich macht das ein spezieller Gerätefach-Auszug.
Die Ausrüstung ist einsatzbezogen verstaut. So findet der Angriffstrupp sein Material für den Innenangriff, darunter ein 30 Meter langes Schlauchpaket, im Geräteraum 5.
Faltbarer Lüfter und Aldebarnleuchte
Der 2.000 Liter fassende Löschwassertank befindet sich direkt über der Hinterachse. Dadurch besteht in den vorderen und hinteren Geräteräumen (G 1 u. 2 sowie 5 u. 6) eine Durchlade-Möglichkeit für sperrige Ausrüstungsgegenstände. Auf diese Weise kann etwa die Schleifkorbtrage von beiden Seiten entnommen werden. Der 13-KVA-Stromerzeuger (Typ Eisemann) lagert im Geräteraum 2 auf speziellen Schwerlastteleskopauszügen. Daneben ist der faltbare Akku-Hochleistungslüfter (Typ Leader Batfan 2) zu finden. Er kann von einer Person vorgenommen werden und läuft mit einer Batterieladung rund 45 Minuten. „Das Gerät lässt sich schnell in Stellung bringen, hat einen hohen Luftdurchsatz und ist sicherer als Geräte mit Verbrennungsmotor“, schildert der Löschzugführer. Eine große Ausziehwand mit Werkzeugen, Schaufeln und Feuerpatschen ist ebenfalls Bestandteil des Geräteraums 2. Ebenso hat hier das gesamte Equipment zur Ausleuchtung der Einsatzstelle seinen Platz. Dazu zählt eine sogenannte Aldebaranleuchte mit vier „LED-Leuchtarmen“ und luftgedämpftem Stativ. Die Helligkeit kann durch einen Regler stufenlos gedimmt werden. Strahlrohre, wasserführende Armaturen und das Zubehör für den Schaumangriff lagern im Geräteraum 4, während die Kleinlöschgeräte, wie ein High-Press-Löscher, im danebenliegenden Geräteraum 6 verstaut sind. Hier ist auch das Hygienebord mit Wasserhahn, Druckluftpistole, Seifen- und Desinfektionsmittelspender installiert.
Eine große, ausziehbare Werkzeugwand gehört zum Geräteraum 2, wo ansonsten das komplette Equipment zur Ausleuchtung der Einsatzstelle seinen Platz hat.
Zwillingshaspeln lassen Platz für den Maschinisten
Das HLF 20 verfügt über eine Normaldruckpumpe von Schlingmann (FPN 10/2000) mit automatischer Tankfülleinrichtung, die 2.000 Liter bei zehn Bar Ausgangsdruck leistet. Sie wird über mechanische Knöpfe und Hebel gesteuert. „Die Mannschaft vertraut auf die altbewährte Technik und hat sich bewusst gegen eine moderne Displaysteuerung entschieden“, erklärt Gante. Am Heck werden zwei besonders schmale Schlauchhaspeln (Typ Barth) mitgeführt. Sie sind jeweils (nur) mit vier B-Schläuchen bestückt und lassen sich dadurch problemlos von einer Person auch berghoch bewegen. Und noch einen Vorteil bietet das Konzept: Der Maschinist muss die Haspeln nicht „abprotzen“, um die Pumpe zu bedienen, weil ein ausreichend großer Zwischenraum vorhanden ist.
Für die dreiteilige Schiebleiter und die vierteilige Steckleiter gibt es Entnahme-Hilfen. Die jeweilige Leiter wird dabei vom Maschinisten durch wiederholtes ziehen eines Hebels vom Fahrzeug geschwenkt, ohne dass dieser das Dach des Aufbaus besteigen muss. Die Unfallgefahr wird dadurch deutlich verringert. Das HLF 20 ist mit einem pneumatischen Lichtmast ausgerüstet, der sich zwischen Fahrerhaus und Aufbau befindet. Vier LED-Strahler, die aus der Fahrzeugbatterie mit Energie versorgt werden, sorgen für eine beeindruckende „Lichtleistung“.
Beleuchtungskonzept sorgt für zusätzliche Sicherheit
Das neue Einsatzfahrzeug des Löschzugs Eilshausen verfügt entlang des gesamten Aufbaus über eine durchgehende LED-Lichtleiste zur wirkungsvollen Umfeld-Beleuchtung. Lange LED-Lichtleisten sorgen zudem für eine helle Ausleuchtung der Geräteräume. An den vorderen Ecken des Aufbaus gib es zusätzlich LED-Spots, die das Umfeld der Kabine erfassen. Die Unterbodenbeleuchtung sorgt hingegen im Bereich der Trittbretter für Sicherheit. Schließlich sind in die Sondersignalanlage auf dem Dach der Fahrerkabine noch zwei sogenannte Alley Lights integriert, um ein sicheres Aussteigen bei Dunkelheit zu ermöglichen. Zur akustischen Sondersignalanlage zählen Martinshorn und Presslufthupen (Bullhörner).
Die Aktiven des Löschzugs werden in den kommenden Tagen auf dem neuen HLF 20 eingewiesen. Danach ist „Florian Hiddenhausen 01-HLF 20-01“ einsatzbereit.
Ein ausgeklügeltes Beleuchtungskonzept sorgt bei Dunkelheit für Sicherheit.
Über Schlingmann
Die Schlingmann GmbH u. Co. KG zählt zu den größten Herstellern von Feuerwehrfahrzeugen in Deutschland und beschäftigt rund 200 Mitarbeiter. Zum Unternehmen zählen das Hauptwerk in Dissen, die Kemner GmbH in Versmold, die 1993 als Tochtergesellschaft übernommen wurde, und ein weiterer Standort in Burgstädt bei Chemnitz (Sachsen). Das Angebot an Feuerwehrautos reicht von den Normfahrzeugen bis zu Sonderbauten. Neben den Standardlöschfahrzeugen TSF-W, MLF, LF 10, HLF 10, LF 20, HLF 20, LF 20 KatS, TLF 2000, TLF 3000 und TLF 4000 werden auch Rüst- und Gerätewagen gefertigt. Als Sonderfahrzeuge nennt Schlingmann zum Beispiel Großtanklöschfahrzeug (GTLF), Löschgruppenfahrzeug-Logistik (LF-Logistik), Rüstwagen mit Kran (RW-Kran) oder Ladebordwand. Der Feuerwehrausrüster hatte sein Aufbaukonzept „Varus“ im Jahr 2015 auf der Interschutzmesse in Hannover erstmals vorgestellt. Das Unternehmen blickt auf eine lange Tradition zurück: Es wurde 1880 von Heinrich Schlingmann in Dissen a.T.W. als Stellmacherei (Wagnerei) gegründet und befindet sich bis heute in Familienbesitz. (Redaktion: kfv-herford.de)
-Vo-
Bildunterschriften:
Zahlreiche Aktive, Freunde und Förderer des Löschzugs sind am Donnerstagabend zum Gerätehaus gekommen, um das neue Auto zu begutachten.
In der Mannschaftskabine können sich Angriff- und Sicherheitstrupp bereits auf der Anfahrt mit Atemschutzgeräten ausrüsten.
Alles hat seinen festen Platz: Funkgerät samt Ablage für die Sprechgarnitur, Ladegerät für die Wärmebildkamera und Handscheinwerfer (Adalit-Handleuchten).
Unter den Sitzbänken ist viel Stauraum für weitere Ausrüstung vorhanden.
Geräteraum 1 mit den Werkzeugen für die Technische Hilfe.
Werkzeugwand, die im gegenüberliegenden Geräteraum 2 integriert ist.
Feuerwehrmann Carsten Niestrat demonstriert die ausklappbare Mulde für das Sprungpolster (im G 3).
Die Werkzeugkiste kann direkt auf dem Gerätefach-Auszug (im G 3) genutzt werden.
Selbst an eine kleine Werkbank ist (im G 5) gedacht.
Hygieneboard mit Wasserhahn und Druckluftpistole im Geräteraum 6.
Faltbarer Akku-Hochleistungslüfter (im G 2).
Er kann von einer Person vorgenommen werden und …
… ist sofort einsatzbereit.
Die pneumatisch ausfahrbaren Trittstufen können zu einem stufenfreien Podest verbunden werden.
Das ermöglicht eine sichere Geräteentnahme.
Bedienstand für die Normaldruckpumpe FPN 10/2000 mit manueller Steuerung.
Das HLF 20 ist am Heck mit zwei besonders schmalen Haspeln ausgerüstet, die von jeweils einer Person bequem bedient werden können.
Entnahme-Hilfen für die dreiteilige Schiebleiter und vierteilige Steckleiter vermindern das Unfallrisiko.
LED-Blaulichter, Martinshorn und Presslufthupen zählen zur Sondersignalanlage.
LED-Spots an den vorderen Ecken des Aufbaus sorgen für zusätzliche Sicherheit bei Dunkelheit.
Kreisbrandmeister Bernd Kröger (Mitte) hat auf dem Rückweg von der Kreisbrandmeister-Arbeitstagung einen Abstecher zum Gerätehaus Eilshausen gemacht.
Hinweis: Der KFV Herford benötigt ständig interessante Fahrzeugfotos der Feuerwehr und übrigen Hilfsorganisationen zur Aktualisierung seiner Internetseite. Bildzusendungen unter Nennung des Urhebers an: