Neue Hightech-Drehleiter für die Feuerwehr Herford

DLK 23/12 ersetzt TLK 23/12

Drehleiter Herford aHerford. Die Feuerwehr Herford verfügt seit kurzem über eine neue, hochmoderne Drehleiter mit Korb 23/12. Magirus, Traditionsunternehmen aus Ulm/Donau, hat sie geliefert. Das Hightech-Gerät erreicht eine Rettungshöhe von 30 Metern und ist an der Spitze mit einem Gelenkarm versehen. Dachgauben oder verwinkelte Industriegebäude können so noch besser erreicht werden. Solche Hubrettungsgeräte dienen in erster Linie zur Menschenrettung und Brandbekämpfung, können aber auch zur Technischen Hilfe eingesetzt werden. Bürgermeister Tim Kähler hatte die neue Leiter an Heiligabend, quasi als Weihnachtsgeschenk für alle Herforder Bürger, an die Wehr übergeben. Die Investition in Höhe von rund 637.000 Euro wurde vorgezogen, nachdem es mit dem Vorgängerfahrzeug, einem Bronto-Teleskopgelenkmast, immer wieder technische Probleme gegeben hatte.

Diese Zeiten gehören jetzt (hoffentlich) der Vergangenheit an. Schließlich hat Magirus mehr als 140-Jahre Erfahrung im Drehleiterbau. Das neue Hightech-Hubrettungsgerät der Feuerwehr Herford basiert auf einem Mercedes-Benz-Fahrgestell vom Typ Atego 1630 F mit 299 PS und Allison-Automatikgetriebe. Der 16-Tonner erfüllt die derzeit aktuellste Abgasnorm Euro 6.

Bewährte Mechanik und modernste Computertechnik

„Die Magirus-Leiter der Baureihe M32L-AS gehört zur Sonderedition 25 Jahre Gelenkdrehleiter“, sagt Andre Heinrich von der Feuerwache Herford, wo das Auto stationiert ist. Mit dem vierteiligen Leitersatz – er besteht aus hochfestem, elastischen Feinkornstahl - wird eine Einsatzhöhe von 32 Metern erreicht. Der Aus- und Einzug erfolgt mechanisch über eine Trommelwinde, statt über lange Ausschubzylinder. Das Prinzip ist zuverlässig und verursacht wenig Wartungsaufwand. Magirus hält deshalb bereits seit 1875(!) daran fest. Eine hochmoderne Computersteuerung sorgt dafür, dass die ausgefahrene Leiter möglichst nicht ins Schwanken gerät. Bewegungen, die etwa durch Windböen verursacht werden, erkennt das CS-System (steht für Computer Stabilized) schon im Ansatz und dämpft sie innerhalb von Sekunden durch hydraulisches Gegensteuern ab. Das oberste Leiterteil ist zweigeteilt. „Vorne befindet sich der 3,70 Meter lange Gelenkarm, der bis zu 75 Grad abgeknickt werden kann“, erläutert Heinrich. So können Dachüberstände überbrückt und sogar Arbeiten in der Tiefe, also unter Flur, durchgeführt werden. Eine Sicherheitsschaltung mit Ampelfunktion gewährleistet außerdem, dass die Wehrleute risikolos die Leiter hinauf- und hinabsteigen können. Mit dem Kranhaken am untersten Leiterteil können bis zu vier Tonnen angehoben werden.

Drehleiter Herford aDie Feuerwehr Herford hat eine neue Drehleiter (mit Korb) 23/12 erhalten. Das Fahrgestell kommt von
Mercedes-Benz (Typ Atego 1630 F), die Leitertechnik von Magirus. (Foto: Andre Heinrich, Feuerwehr Herford)

Drehleiter Herford bDer vierteilige Leitersatz misst eine Länge von 32 Metern und verfügt an der Leiterspitze über einen Gelenkarm.
Auffällig: Die Rollläden der Geräteräume sind in Feuerrot lackiert – eine Besonderheit der Magirus-Sonderedition „25 Jahre Gelenkdrehleiter“.
(Foto: Andre Heinrich, Feuerwehr Herford)

Drehleiter Herford cFahrzeugübergabe am Heiligabend: (vorne v.l.) stellv. Wehrführer Michael Stiegelmeier,
Bürgermeister Tim Kähler, Wehrführer Karsten Buschmann u. stellv. Wehrführer Axel Freitag.
(Foto Feuerwehr Herford)

Großer Rettungskorb

Die Drehleiter (mit Korb) der Hansestadt, kurz DLK 23/12 genannt, ist mit dem Magirus-Rettungskorb RC500 ausgerüstet, der über zwei Einstiege mit seitlich wegklappbare Falttüren verfügt. Fünf Personen können darin transportiert werden, sofern die maximale Nutzlast von 500 Kilogramm nicht überschritten wird. Zwei Multifunktionssäulen sind für die Aufnahme der um 360 Grad drehbaren und mit bis zu 270 Kilogramm belastbaren Krankentragelagerung vorgesehen. Feuerwehrgeräte, wie das elektrische Überdruckbelüftungsgerät oder Zusatzscheinwerfer, können ebenfalls aufgesteckt werden. Genauso wie der Magirus Safety Peak, ein Aufsteckbügel, in den im Notfall die Schleifkorbtrage mit Seilen eingehängt werden kann, um etwa eine Person aus einer Grube zu retten. Der Korb verfügt im Frontbereich über einen fest eingebauten Wasserwerfer mit einer maximalen Abgabeleistung von 2.500 Litern pro Minute. Der Schlauch für die Wasserversorgung wird vom Boden aus an die fest verlegte Rohrleitung im obersten Leiterteil angekuppelt und beim Ausfahren mit nach oben gezogen. Die Wasserführung bis zum Werfer ist im Korbboden integriert.

Drehleiter Herford dDie Magirus-M32L-AS-Drehleiter der Feuerwehr Herford ist mit dem besonders großen Rettungskorb RC500 ausgerüstet,
der Platz für fünf Personen bietet. Das Foto entstand kurz vor der Überführungsfahrt auf dem Magirus-Werksgelände in Ulm
(Foto: Feuerwehr Herford)

Drehleiter Herford eZur Ausstattung des Rettungskorbs gehört der fest eingebaute Wasserwerfer im Frontbereich.
Bürgermeister Tim Kähler (im Korb) lässt sich die moderne Technik erklären.
(Foto: Feuerwehr 
Herford)

Das patentierte Einzelauszugssystem, bei dem zuerst das oberste Leiterteil ausgezogen wird, macht es möglich: Per Knopfdruck hebt sich der Leiterpark an und der Computer senkt den Gelenkarm mit dem Rettungskorb vollautomatisch direkt vor der Fahrerkabine ab, wo die Besatzung für den Einstieg bereitsteht. Die installierten Mikroprozessoren erfassen alle Bewegungen des Leiterparks und berücksichtigen diese für die Korbniveauregulierung. Der Hauptbedienstand befindet sich am Drehleiterkranz. Das Hightech-Gerät kann aber ebenso mit zwei Joysticks direkt aus dem Rettungskorb gesteuert werden. Alle wesentlichen Funktionen stehen hier analog zur Verfügung. „Zum Teil übernimmt der Computer die Abläufe vollautomatisch“, erklärt Heinrich. Ein Beispiel dafür sei die automatische Ausladungskonstantregelung bzw. Schachtrettungsfunktion. Sie ermögliche es, absolut senkrecht zu heben, um beispielsweise eine Person sicher aus einem Schacht zu retten. „Die Leitersteuerung hält die Senkrechte vollautomatisch und äußerst präzise!“

Drehleiter Herford fArbeiten „unter Flur“ sind mit dem neuen Gerät ebenfalls kein Problem, wie eine Übung an der Radewiger Brücke zeigt.
(Foto: Feuerwehr Herford)

Drehleiter Herford gDie Schachtrettungsfunktion steuert den Rettungskorb genau senkrecht über den zuvor anvisierten Punkt.
Sichere Rettungsaktionen, beispielsweise mit der Schleifkorbtrage, sind dadurch möglich. (Foto: Feuerwehr Herford)

Geländeunebenheiten von 70 Zentimetern werden ausgeglichen

Magirus nutzt für seine Drehleitern das sogenannte Vario-Abstützsystem. Jeder der vier Teleskopstützbalken wird zunächst waagerecht ausgefahren und dann komplett abgesenkt. Anders als bei der Waagrecht-Senkrecht-Abstützung sind also keine zusätzlichen (senkrechten) Hydraulikzylinder nötig. Das Vario-System ermöglicht eine variable Abstützung der Leiter auf eine Breite von 2,50 Meter bis 5,20 Meter. Das System passt die maximal erreichbare Rettungshöhe bzw. Ausladung der Leiter automatisch auf die gewählte Abstützbreite an. Durch die variable Steuerung der Stützen können Geländeunebenheiten bis zu 70 Zentimetern ausgeglichen werden. Das Vario-Abstützsystem der Herforder Drehleiter ist zusätzlich mit einem Kamerasystem zur Erfassung des Abstützbereichs inklusive LED-Power-Spots und Displayanzeige im Fahrerhaus ausgerüstet. Die Funktion SkyBeam sorgt bei Dunkelheit zusätzlich für Sicherheit: Sobald der Nebenantrieb eingelegt wird, richten sich die LED-Scheinwerfer an der Leiterspitze und am Rettungskorb automatisch nach oben, sodass mögliche Hindernisse im Arbeitsbereich über der Leiter sofort zu erkennen sind. Magirus hat insgesamt zehn Hochleistungs-LED-Scheinwerfern verbaut, die für eine beeindruckende Lichtleistung von 40.000 Lumen sorgen. Zum Vergleich: Eine klassische 75-Watt-Glühlampe erzeugt etwa 1.000 Lumen.
Der große Geräteraum hinter der Fahrerkabine ist ein weiteres Detail, das an der neuen DLK 23/12 der Feuerwehr Herford sofort auffällt. Darin sind Atemschutzgeräte, Rettungssäge, Akku-Kettensäge, Sprungpolster und Schleifkorbtrage verladen. Die Rollläden der Geräteräume sind Übrigens in Feuerrot (RAL 3000) lackiert – eine Besonderheit der Magirus-Sonderedition „25 Jahre Gelenkdrehleiter“.

Drehleiter Herford hDie Magirus Vario-Abstützung gleicht Geländeunebenheiten aus. Dadurch kann die Leiter sogar an der steilen Höhenstraße
(unterhalb des Senders) aufgestellt werden. (Foto: Feuerwehr Herford)

Drehleitermaschinisten gibt es in jeder Einheit der Feuerwehr Herford

Direkt im Anschluss an die Überführung der Leiter von Ulm/Donau nach Herford wurden neun Mitarbeiter der Hauptamtlichen Wache und ein Kamerad der Freiwilligen Feuerwehr in die neue Technik eingewiesen. Dazu kam ein Magirus-Fachmann zur Feuerwache an der Werrestraße. „Nachdem die ersten wertvollen Erfahrungen mit dem neuen Fahrzeug gesammelt worden sind, werden nun weitere Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr geschult“, sagt Axel Freitag, stellvertretender Leiter der Wehr. Die komplette Ausbildung zum Drehleitermaschinisten umfasst 40 Unterrichtsstunden in Theorie und Praxis. „Sie werden in jeder Einheit der Feuerwehr Herford gebraucht, um die DLK 23/12 an der Einsatzstelle zu übernehmen oder bei überörtlichen Einsätzen zu besetzen!“
Im Wittekindsland gibt es fünf weitere Drehleitern. Sie sind in Bünde (Hauptamtliche Wache), Enger (Löschzug Dreyen), Hiddenhausen (Löschzug Eilshausen), Löhne (Hauptamtliche Wache) und Vlotho (Löschzug Mitte) stationiert. (Infos: Axel Freitag u. Andre Heinrich, Feuerwehr Herford, Redaktion: kfv-herford.de)

-Vo-

 

Technische Daten DLK 23/12 Feuerwehr Herford:

Fahrgestell
Mercedes-Benz Atego 1630 F (4x2), 299 PS (220 kW), Euro 6, Allison-Automatikgetriebe 3000 P, 16t Gesamtgewicht, Abbiege-Assistent (optisch, akustisch mit Kamera)

Leitertechnik/Abstützung/Aufbau (Magirus/Ulm)
4-teiliger Leitersatz (Rettungshöhe: 30,5 m, Einsatzhöhe: 32 m), Gelenkarm (3,70 m, bis zu 75 Grad abschwenkbar), Magirus Vario-Abstützung (Abstützbreite: 2,50 m bis 5,20 m, Bodenausgleichsmöglichkeit: 70 cm, Kamerasystem zur Erfassung des Abstützbereichs), Rettungskorb RC 500 (für max. 5 Personen bzw. 500 kg ausgelegt, Krankentragelagerung für max. 270 kg ausgelegt, fest eingebauter Wasserwerfer mit max. Leistung von 2.500 l/min), Magirus SkyBeam (Ausleuchtung des Arbeitsbereichs über der Leiter), Sicherheitsbeleuchtung „Edge-Light“ (umläuft das gesamte Leiter-Podium), 10 Hochleistungs-LED-Scheinwerfer, Stromerzeuger, elektrisches Überdruckbelüftungsgerät, 6 seitliche Geräteräume (Beladung auszugsweise: 2 Atemschutzgeräte, Rettungssäge, Akku-Kettensäge samt Schnittschutzkleidung, Sprungpolster, Schleifkorbtrage)
Besatzung: 1/1
amtliches Kennzeichen: HF-BF 3331

Drehleiter Herford iDer Fuhrpark der Feuerwehr Herford ist in den zurückliegenden Monaten modernisiert worden.
Das Foto zeigt die neusten Fahrzeuge: (v.l.) Drehleiter 23/12, Mannschaftstransportfahrzeug des Löschzugs Mitte,
Hilfeleistungslöschfahrzeug der Löschgruppe Schwarzenmoor und baugleiches Hilfeleistungslöschfahrzeug der Löschgruppe Elverdissen.
(Foto: Feuerwehr Herford)