Ehrliche Interessenvertretung oder Postenschacherei?

Unterstützung aus NRW für DFV-Präsident Hartmut Ziebs ist nach wie vor groß

34346622830 102ed52d2a o aBerlin/Wuppertal/Kreis Herford. Der Streit an der Spitze des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) hat sich in den vergangenen Wochen zu einer regelrechten Schlammschlacht entwickelt. Im Kreuzfeuer der Kritik steht Präsident Hartmut Ziebs. Fünf seiner sieben Vizepräsidenten hatten ihn bereits Anfang November zum Rücktritt aufgefordert und ihm „das Vertrauen für eine weitere Zusammenarbeit entzogen“. Ihre wahren Beweggründe für diesen Schritt nennen sie bis heute nicht. Über die Amtsführung des DFV-Präsidenten gab es offenbar schon seit längerem Meinungsverschiedenheiten im Präsidium. Ziebs hatte sich zuletzt kritisch über die Rechtsaußenpartei AfD geäußert und 2016 eine Juristin mit Migrationshintergrund als Leiterin der DFV-Geschäftsstelle in Berlin eingestellt. Der Verband der Feuerwehren in NRW (VdF NRW), dem auch der KFV Herford angehört, steht weiterhin geschlossen hinter dem DFV-Präsidenten. Das wurde am Donnerstag (28.11.2019) während einer Sondersitzung des Verbandsausschusses in Wuppertal deutlich. Dabei wurde auch kritisiert, dass keiner der fünf Vizepräsidenten, die vom VdF zu der Sitzung eingeladen worden waren, die Chance ergriffen hat, Rede und Antwort zu stehen.

Der Deutsche Feuerwehrverband ist eigentlich die Interessenvertretung der 1,3 Millionen Feuerwehrleute in der Bundeshauptstadt. Doch das dilettantische Verhalten der fünf Vizepräsidenten Frank Hachemer (Rheinland-Pfalz), Lars Oschmann (Thüringen), Hermann Schreck (Bayern), Dr. Christoph Weltecke (Hessen) und Christian Patzelt (Bremen) hat bei den Politikern in Berlin wohl eher Kopfschütteln ausgelöst. „Der DFV ist in die schwerste Krise seit Jahrzehnten gestürzt worden“, sagt Dr. Jan Heinisch, der Vorsitzende des Verbandes der Feuerwehren in NRW (VdF NRW). Ihn erzürnt vor allem, dass die fünf Vizepräsidenten ihre Rücktrittsforderung (die sie am 10. November 2019 in Fulda gefasst hatten) über ein großes Verteilernetz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatten. Bis dahin sei der Verband in der Außenwahrnehmung untadelig gewesen. „Den Unterzeichnern muss bewusst gewesen sein, dass eine derartige Verlautbarung an einen solch großen Kreis hohe Wellen schlagen würde“, meint Heinisch.

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Hartmut Ziebs ist seit 2015 Präsident des DFV. Kritiker fordern seine Abwahl, ohne genaue Gründe zu nennen. (Foto: DFV)

Internes Schreiben von Dritten an die Medien weitergeleitet?

Die Zeitschrift „Feuerwehr-Magazin“ hatte als erstes über die Rücktrittforderung berichtet. Welche Rolle DFV-Vorstand und Ex-Feuerwehr-Magazin-Mitarbeiter Christian Patzelt dabei gespielt hat, bleibt unklar. Zudem stellt sich für Jan Heinisch noch eine weitere spekulative Frage: „Welche Umstände in der Person des Präsidenten waren so gewichtig und dringlich, dass sie ein derartiges Vorgehen rechtfertigen!“ Hachemer, Oschmann, Schreck, Weltecke und Patzelt schweigen dazu beharrlich. „Wir werden die Gründe, die uns zu unserer Entscheidung bewogen haben, ausschließlich gegenüber den verbandsinternen und satzungsgemäßen Gremien kommunizieren“, schreiben sie. Außerdem sei die öffentliche Diskussion über den Präsidenten von „Dritten initiiert worden“. „Sie haben unser internes Schreiben an die Medien weitergeleitet!“
Kai-Uwe Lohse, der Vorsitzende des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen-Anhalt, übt ebenfalls scharfe Kritik am Verhalten der Präsidiumsmitglieder. Er nennt sie eine „pubertierende Gruppe von Halbwüchsigen“. „Tragt Eure Probleme nicht in die Öffentlichkeit, sondern klärt sie kameradschaftlich hinter verschlossenen Türen!“ Lohse lobt den gescholtenen DFV-Präsidenten. Er habe sich immer als Kamerad und vor allem als Mensch verhalten. „Seine Erfolge für das deutsche Feuerwehrwesen sind beispielgebend!“ Kreisbrandmeister Bernd Kröger bringt die Situation ebenfalls auf den Punkt: „Das Präsidium soll nicht um Posten schachern, sondern sich um seine satzungsmäßigen Aufgaben kümmern!“

Außerordentliche Mitgliederversammlung im Februar 2020

Während einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, die inzwischen von den Landesfeuerwehrverbänden Rheinland-Pfalz, Thüringen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen, beantragt wurde, soll Hartmut Ziebs nun abgewählt werden. Seine sechsjährige Amtszeit endet eigentlich erst 2021. Die 160 Delegierten aus allen Teilen der Republik würden frühestens im Februar kommenden Jahres zusammenkommen, um das geforderte Abwahlverfahren durchzuführen. Niemals zuvor ist in der 166-jährigen Geschichte(!) des DFV ein solcher Schritt eingeleitet worden. Der VdF NRW hat vorsorglich schon einmal um die Aufnahme folgender Punkte auf die Tagesordnung gebeten: 1. Entzug des Vertrauens mit Blick auf die fünf Vizepräsidenten, 2. Abwahl der fünf Vizepräsidenten.

Er hat der Feuerwehr eine starke Stimme in Berlin verliehen.

Hartmut Ziebs war im Jahr 2015 während der 62. Delegiertenversammlung in Berlin mit großer Mehrheit zum neuen DFV-Präsidenten gewählt worden. (Redaktion: kfv-herford.de berichtete seinerzeit.) Er versprach damals, dem DFV und damit den deutschen Feuerwehren eine starke Stimme in Berlin zu verleihen. Und sein Versprechen hat er auch gehalten. Der heute 60-jährige Schwelmer (Ennepe-Ruhr-Kreis) führte den Verband aus seinem bisher eher stiefmütterlichen Dasein in das Licht der Öffentlichkeit. Ziebs brachte gemeinsam mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) die Erneuerung der überalterten Fahrzeugflotte für den Katastrophenschutz weiter voran und Kampagnen wie „Gewalt geht gar nicht. Deine Feuerwehr.“ auf den Weg. Mit seiner Forderung nach mehr Löschhubschraubern für den Waldbrandeinsatz schaffte er es sogar in die Hauptausgabe der Tagesschau (9,6 Millionen Zuschauer).
Doch es gab auch kritische Stimmen - etwa als Dr. Müjgan Percin (43) im Jahr 2016 die Leitung der Bundesgeschäftsstelle an der Reinhardtstraße übernahm. Als junge gebildete Frau mit Migrationshintergrund sollte sie dem Verband eigentlich ein modernes, weltoffenes Image verleihen. Doch die gebürtige Berliner, die zuvor als Rechtsanwältin und in einem Abgeordnetenbüro gearbeitet hatte, war nie Mitglied einer Feuerwehr. Sie hat die Feuerwehrarbeit an der Basis, und die Probleme mit denen besonders das Ehrenamt zu kämpfen hat, nie aus eigener Erfahrung kennengelernt. „Ich habe bewusst eine Frau als Juristin und Bundesgeschäftsführerin eingestellt.“ Jetzt werde kritisiert, dass sie keine Feuerwehrfrau sei. Das passe nicht zusammen, sagt Ziebs, der die Kritik deshalb nicht gelten lässt.

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Bundesgeschäftsführerin Dr. Müjgan Percin und ihr Stellvertreter Rudolf Römer werden mit der DFV-Krise in Zusammenhang gebracht. (Foto: DFV)

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Frank Hachemer ist einer der fünf Vizepräsidenten, die Hartmut Ziebs das „Vertrauen für eine weitere Zusammenarbeit“ entzogen haben. (Foto: DFV)

Klare Regeln im Umgang mit Extremismus

Der DFV-Präsident ist dafür bekannt, dass er sich mutig und entschlossen für Werte wie Toleranz und Weltoffenheit einsetzt. In einem Gespräch mit der Lausitzer Rundschau (Ausgabe vom 3. September 2019) hatte er vor den „teilweise rechtsnationalen Tendenzen bei der AfD“ gewarnt. „Es wäre dramatisch, wenn die Feuerwehr da reinrutscht!“ Ein Beispiel sei ihm aus der Landesgeschäftsstelle Rheinland-Pfalz bekannt. Ziebs hatte sich bereits Anfang Oktober bei Frank Hachemer, dem Vorsitzenden des Landesfeuerwehrverbandes Rheinland-Pfalz, entschuldigt. „Nichts lag mir ferner, als den Geschäftsführer in die Nähe der AfD zu rücken!“ Doch Hachemer gab sich damit nicht zufrieden und legte nach. Die Frage, wie das Feuerwehr-Verbandswesen und insbesondere der DFV richtig mit politischen Parteien umzugehen hat, werde sehr eindeutig in der DFV-Satzung geklärt. „Die dort verbindlich geforderte parteipolitische Neutralität verpflichte den Präsidenten dazu, sich in seiner Funktion weder werbend noch ablehnend gegenüber politischen Parteien zu verhalten“, so Hachemer in einer schriftlichen Stellungnahme. Der Feuerwehr-Präsident wies den Vorwurf zurück. „Ich muss mich zu politischen Dingen äußern dürfen“, sagte Ziebs dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Und die Aussage, dass ich mich gegen rechtsnationale Tendenzen stelle, ist keine parteipolitische, sondern eine politische Aussage!“ Er fordert deshalb klare Regeln im Umgang mit Extremismus. „Unsere Aufgabe muss es sein, die Kameraden vor Ort nicht allein zu lassen und sie dabei größtmöglich zu unterstützen. (Redaktion: kfv-herford.de)

-Vo-

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Der Deutsche Feuerwehrverband blickt auf eine 166-jährige Geschichte zurück. Doch wo die Reise jetzt hingeht, weiß im Moment noch niemand. (Foto: Sebastian Terfloth, Wikipedia)