Landesweit einheitliche Drehleitermaschinisten-Ausbildung fehlt!

In 14 Monaten über 420 Stunden in Aus- und Fortbildung investiert

2018 02 03 12 20 40 9876Enger. Die Drehleiter gilt als Königin unter den Feuerwehrfahrzeugen. Ihre schiere Größe, vor allem aber ihre komplexe Technik, die im Notfall zuverlässig und präzise arbeiten muss, machen sie zu einem besonderen Rettungsgerät. An das „Bedienpersonal“ werden daher höchste Anforderungen gestellt. Bisher gibt es allerdings keine einheitliche Vorschrift, wie die Ausbildung auszusehen hat. Die Feuerwehr Enger hat deshalb ihre fünf neuen Drehleitermaschinisten nach einer Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren (AGBF) und des Verbandes der Feuerwehren in NRW (VdF NRW) geschult.

In der Widukindstadt gibt es seit dem Jahr 2000 eine Metz-Drehleiter mit Korb (DLK 23/12) auf einem Mercedes-Benz-Fahrgestell vom Typ Atego 1528F (Straße). Sie ist beim Löschzug Dreyen stationiert („Florian Enger 2 DLK 23 1“) und kommt in Enger und dem benachbarten Spenge zum Einsatz. „In den 17 Jahren seit ihrer Indienststellung ist die Drehleiter rund 600 Mal ausgerückt“, sagt Drehleiter-Ausbilder Jens Meyer. „Das Fahrzeug war fast 800 Stunden im Einsatz!“
Die Feuerwehr setzt die sogenannten Hubrettungsgeräte zur Brandbekämpfung und Technischen Hilfe ein. Die Menschenrettung aus einer brennenden Obergeschosswohnung bleibt die wichtigste Aufgabe. Gott sei Dank komme das nur sehr selten vor. „Doch wenn der Fall eintritt, muss jeder Handgriff sitzen und die Drehleiter schnell und sicher in Stellung gebracht werden!“ Die Anforderungen an den Löschzug Dreyen sind deshalb hoch. Knapp 20 Wehrleute haben die Spezialausbildung für die DLK 23/12. Einige sind bereits seit 17 Jahren dabei. Fünf neue Drehleitermaschinisten starten 2018 in den Einsatzdienst.

"DREHLEITER.info" hilft aus

Leider habe sich das Land NRW aus der Drehleitermaschinisten-Ausbildung schon vor Jahren zurückgezogen, schildert Meyer. Jetzt werden am Institut der Feuerwehr in Münster (IdF) nur noch die Ausbilder geschult. Währenddessen bieten die Hersteller der Hubrettungsfahrzeuge lediglich eine Einweisung in die Technik an. „Es fehlt an einer fundierten taktischen Schulung für das Einsatzgeschehen!“ Meyer beschreibt diesen Zustand als paradox: „Für ein Rettungsgerät, das einen Neubeschaffungswert von über einer halben Million Euro hat, gibt es aktuell seitens des Landes keine einheitlich vorgeschriebene Mindestausbildung!“ Bereits vor einigen Jahren gab es daher einen Vorstoß der Initiative „DREHLEITER.info“. Das ist ein Zusammenschluss von erfahrenen Feuerwehrleuten auf dem Gebiet der Drehleiterrettung und –technik. Sie haben einen Entwurf für eine Musterausbildung erarbeitet, der von einigen Verbänden und Gremien auch akzeptiert wurde. Er sieht mindestens 35 Unterrichtseinheiten vor und beinhaltet Themen von Baurecht, Unfallverhütung und Technik bis hin zur Einsatzübung. Den Abschluss bildet eine Prüfung zum Drehleitermaschinisten.

Nach diesem Musterausbildungsplan wurden nun auch die fünf neuen Drehleitermaschinisten in Enger-Dreyen ausgebildet. Sie trainierten an den „drehleiterpflichtigen Objekten“ in Enger, also dort, wo über die Leiter der zweite Rettungsweg sichergestellt wird, die verschiedenen Einsatzarten und Anleiter-Möglichkeiten. Im Vordergrund stand stets die sogenannte HAUS-Regel. Sie vermittelt den Feuerwehrleuten mit einfachen Schlagworten die wichtigen Aspekte des Drehleitereinsatzes. „HAUS“ steht dabei für Hindernisse, Abstände, Untergrund und Sicherheit. Wichtige Erkenntnisse wurden im Verlaufe des Schulungsprogramms gewonnen, besondere Kniffe erlernt und neue Ideen umgesetzt. Am Ende waren sich alle Teilnehmer einig: „Das hat viel gebracht!“

Daneben wurde beim Löschzug-Dreyen in den letzten 14 Monaten einiges unternommen, um einen einheitlichen und guten Ausbildungsstand aller Drehleitermaschinisten zu sichern. Das komplette Team erhielt vom Hersteller der Metz-Leiter, dem Unternehmen Rosenbauer in Karlsruhe, eine Technikschulung. Am 20. Januar und 3. Februar folgte die „Taktik-Komponente“. Dafür hatte man Kontakt zu den externen Ausbildern – den Profis von „DREHLEITER.info“ – aufgenommen. Die Ausbilder dort hätten über zwölf Jahre Erfahrung in dem Bereich und bildeten in ganz Europa Feuerwehren an ihren Drehleitern aus, so Jens Meyer. „Ein hohes Maß an Praxis in Verbindung mit dem Einsatzschema für Hubrettungsfahrzeuge sichert den hohen Ausbildungserfolg des Ausbilderteams!“ Insgesamt 420 Stunden wurden beim Löschzug Dreyen für die Aus- und Fortbildung der Drehleitermaschinisten investiert.

Redaktion kfv-herford.de
(Fotos Jens Meyer)

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Vermessen des Fahrzeugs. Nur wer die Maße und Reichweiten kennt, kann das Optimum herausholen.
Der Ausbilder verknüpft hier Inhalte aus dem Theorieblock mit der Praxis.


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Einsatzübung im Stadtgebiet von Enger. Wenn es eng wird, passt (zusätzlich) ein
„Safety-Officer“ auf und behält die Gefahrenpunkte im Blick.

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Nachbesprechung einer Übung; denn…

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.. Kommunikation ist auch bei einer kleinen Gruppe (bzw. einem Trupp) wichtig.

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HAUS-Regel. A für Abstände. Warum sie wichtig sind, zeigt der Ausbilder an dieser Stelle.

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Richtiges Einweisen. Die Drehleiter wird über die Markierung der Drehkranzmitte in Stellung gebracht.

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Anleiterübung am Krankenhaus in Enger.

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Beim Ausbildungssystem von „Drehleiter.info“ sind immer mehrere Personen in die Übung eingebunden.

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Während des Feedbacks gibt der Ausbilder wichtige Tipps und verweist auf wichtige Sicherheitsaspekte.

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2016/2017 wurden alle DL-Maschinisten durch den Hersteller geschult.
(Foto: Sven Stude)

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Prüfung bestanden: (v.l.) Thorsten Take, Stefan Meyer, Patrick Goebel,
Stefan Dehne u. Lars Wobker dürfen sich jetzt Drehleitermaschinist nennen.
Jeder von ihnen bekommt diverse Unterlagen u.A. eine Kopie der Herstelleranleitung für seine Unterlagen.