Fliegerbombe unschädlich gemacht

Kampfmittelräumdienst entschärft in Herford Weltkriegsbombe

P1040943Herford. Experten des Kampfmittelräumdienstes haben am Mittwochabend (29.06.2016) in Herford eine Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg entschärft. Einsatzkräfte der Polizei und Feuerwehr sperrten den Bereich rund um den Fundort am Westring weiträumig ab. Knapp 700 Menschen wurden aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen. Das DRK kümmerte sich um die älteren Menschen. Sie wurden im Wilhelm-Normann-Berufskolleg während der Bombenentschärfung betreut.

Am Abend ist der „Stab Außergewöhnliche Ereignisse“ („SAE“) in der Feuerwache Herford zusammengekommen. Er steht unter Leitung von Dr. Peter Böhm, dem zuständigen Dezernenten der Stadtverwaltung. Mit dabei sind Feuerwehrchef Michael Stiegelmeier, ein Verbindungsbeamter der Polizei, Mitarbeiter der Stadtwerke, des Straßenverkehrsamtes und der Kreisverwaltung. „Bereits in der vergangenen Woche haben sich die Verdachtsmomente bestätigt, dass sich in Höhe Westring Hausnummern 30 und 34 metallische Gegenstände im Boden befinden“, erläutert Siegelmeier. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst  der Bezirksregierung Arnsberg hatte am letzten Donnerstag an beiden Stellen Bohrungen durchgeführt und die Bereiche mit einer Magnetsonde untersucht. Zuvor hatten die Experten alte Luftbildaufnahmen ausgewertet. Das passiert immer dann routinemäßig, wenn, so wie am Westring, eine Straßenbaumaßnahme ansteht. Gestern Morgen rückte schließlich eine Spezialfirma mit einem Bagger an. Vor Hausnummer 34 kofferten die Arbeiter das Erdreich bis in eine Tiefe von sechs Metern aus, ohne allerdings fündig zu werden. „An dieser Stelle befand sich lediglich Schrott im Boden“, sagt Siegelmeier. Dafür bestätigte sich der Verdacht zwei Häuser weiter. In etwa vier Metern Tiefe entdeckten die Experten den Blindgänger.

Feuerwerker Matthee bleibt gelassen!

Es handele sich um eine 250 Kilogramm schwere amerikanische Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg, bestätigt Gerd Matthee, Truppführer des Kampfmittelbeseitigungsdienstes an der Fundstelle.  Zu diesem Zeitpunkt ist von dem Blindgänger nicht viel zu sehen. Nur die Spitze ragt aus dem Erdreich. Matthee beruhigt: Die Bombe verfüge über ganz normale Kopf- und  Bodenzünder, die nicht als tückisch einzustufen seien, sagt er und wirkt dabei äußerlich ganz gelassen. Das Spezialwerkzeug zum Entschärfen der Bombe befindet sich in zwei dunkelblauen Transportern vom Typ Mercedes-Sprinter, die direkt an der Baugrube parken.
Gegen 18 Uhr beginnen Polizisten und 50 Feuerwehrleute damit, in einem Radius von 250 Metern rund um den Fundort der Bombe einen Absperrbereich einzurichten. Sämtliche Zufahrtsstraßen werden dicht gemacht. Die Helfer laufen von Haus zu Haus und fordern die Menschen auf, ihre Wohnungen zu verlassen. Polizeifahrzeuge und Fahrradstreifen kontrollieren die Umgebung, die sich zügig leert. An der Uhlandstraße stehen Busse  bereit, um die betroffenen Hansestädter zum Berufsschulzentrum an der Hermannstraße zu fahren. Dort haben 50 Helfer des DRK, die aus dem gesamten Kreisgebiet zusammengezogen wurden, eine Notunterkunft eingerichtet. Doch der Shuttle-Service und das Betreuungsangebot werden nur wenig genutzt. Auf dem Schulhof der Otto-Hahn-Realschule, unmittelbar an der Absperrgrenze, steht der Einsatzleitwagen 2 aus Löhne. Von hier aus leitet Olaf Horn, stellvertretender Leiter der Hauptamtlichen Wache, den Einsatzabschnitt. Gerade bekommt eine Rettungswagenbesatzung des DRK von ihm den Auftrag, bei einem betagten Senioren Tragehilfe zu leisten. Für alle Fälle steht Leitender Notarzt Marco Kauling bereit.
Gegen 20 Uhr gibt Dr. Böhm schließlich grünes Licht und die beiden Feuerwerker nehmen ihre Arbeit auf. Gut eine halbe Stunde benötigen Sie, um die beiden Zünder unschädlich zu machen. Dann gibt Truppführer Matthee Entwarnung: Alles sei reibungslos gelaufen, bestätigt er erleichtert. Es ist 21.30 Uhr, als das DRK die letzten Anwohner zurück nach Hause fährt.

Herford war das Ziel von Luftangriffen

Die Werrestadt war im 2. Weltkrieg mehrfach das Ziel von Luftangriffen der Alliierten. Ein größerer Angriff amerikanischer Bomber ereignete sich am 4. Oktober 1944 um 12.09 Uhr auf das Gebiet Wellbrocker Weg, Diebrocker Straße und die Bahnlinie. Der Bombenteppich galt dem Bahnhof, verfehlte aber sein Ziel. Stattdessen wurden das Lutherhaus, einige Wohnhäuser und Gewerbebetriebe zerstört. 25 Menschen mussten damals ihr Leben lassen.

927 Bomben entdeckt

Der staatliche Kampfmittelbeseitigungsdienst ist in NRW bei den Bezirksregierungen Arnsberg (für die Bezirke Arnsberg, Detmold und Münster) sowie Düsseldorf (für die Bezirke Düsseldorf und Köln) angesiedelt. Zur Vernichtung der aufgespürten Bomben und Granaten betreibt das Land in Ringelstein (Kreis Paderborn) und Hünxe (Kreis Wesel) Munitionszerlegungsbetriebe (MZB). Die Experten des Kampfmittelräumdienstes haben im Jahr 2014 in NRW 927 Bomben entdeckt und unschädlich gemacht. Im Einzelnen handelte es sich um 264 Sprengkörper ab einem Gewicht von 50 Kilogramm sowie Nebel-, Brand-, Splitter- und kleinere Sprengbomben.  Rund 34,9 Millionen Euro zahlte das Land, um diese Hinterlassenschaften zu beseitigen und die Entsorgungstechnik zu modernisieren. Auch 70 Jahre nach Kriegsende ist ein Ende der Kampfmittelbeseitigung noch immer nicht abzusehen.

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)

 

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Bereitstellungsraum am Güterbahnhof

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Etwa 50 Feuerwehrleute bekommen den Auftrag, die Bevölkerung in einem Radius von 250 Metern um den Fundort der Bombe zu evakuieren.

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Autofahrer und Anwohner zeigen viel Verständnis für die Maßnahme.

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Zur Kontrolle wird nochmal an jeder Haustür geklingelt.

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Kurz vor der Entschärfung: Zu diesem Zeitpunkt ist nur der Bodenzünder der Fliegerbombe freigelegt.

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Feuerwerker Gerd Matthee beantwortet geduldig alle Fragen der Feuerwehr.

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Einsatzfahrzeug des Kampfmittelräumdienstes der Bezirksregierung Arnsberg

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Haben wir auch niemanden vergessen?

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Für den Transport stehen Shuttle-Busse zur Verfügung

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Einsatzabschnittsleitung an der Otto-Hahn-Schule

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Das DRK übernimmt mit 50 Helfern am Berufsschulzentrum Hermannstraße …

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… die Betreuung der evakuierten Hansestädter.